Mitarbeitende richtig einbinden, Engagement erhöhen und Innovation vorantreiben: So geht’s!

Frank Bunge

Frank Bunge

7. August 2020

Es geht nicht nur um die Mitarbeiterbindung, sondern auch um deren Möglichkeit, sich gezielt einzubringen. Dazu geben SAFe® und Shared LeaderShift© konstruktive Vorgaben, konkrete Regeln und aufeinander abgestimmte Rollen. Im folgenden Teil Drei der Interviewreihe geben Barbara Wietasch (BWI) und Werner Siedl (WSI) wichtige Einblicke und konstruktive Tipps für die Umsetzung – von der Einführung über die Interaktion zwischen den verschiedenen Rollen bis hin zum Umgang mit Hindernissen und das Fassen realistischer Zielsetzungen.

Um mehr über die Rollen an sich zu erfahren, lesen Sie auch die ersten beiden Teile des Interviews:

Anmerkung der TCI-Redaktion: Das Interview führten Barbara Wietasch (TCI Partner) und Werner Siedl (Managing Partner der TCI) und wurde ursprünglich als Spotlight bei „Führung Neu Denken: Der Shared LeaderShift© Podcast für Unternehmen im Wandel“ veröffentlicht. Um das Original-Interview anzuhören, finden Sie den Stream hier auf SharedLeadershift.com.

Wie Unternehmen es schaffen, dass alle Mitarbeitenden richtig einzubeziehen – Interview mit Barbara Wietasch und Werner Siedl

Barbara Wietasch: Werner, jetzt haben wir ja schon ausführlich über die Bedeutung (Teil Eins) und die Besetzung der neuen Rollen gesprochen (Teil Zwei). Gehen wir nun mit der nächsten Frage einen Schritt weiter: Wenn Ihr SAFe® einführt, dann wird das ja meist über Pilot-Projekte abgewickelt – Leuchttürme sozusagen, bei denen Ihr mit einem hybriden Ansatz oder mit einer Keimzelle beginnt. Wie sieht der Ablauf aus – und wie funktionieren die Schnittstellen in der Zusammenarbeit in einer hybriden Organisation, wenn unterschiedliche Vorgehensweisen aufeinandertreffen?

Werner Siedl: Also grundsätzlich ist es dann, wie Du schon sagst, zunächst eine Hybride. Meiner Meinung nach benötigt man an dieser Stelle leane Elemente und agile Elemente. Diese gilt es richtig zusammenbringen, und dafür sind unterschiedliche Mindsets oder Strukturen und Prinzipien notwendig – je nachdem, ob nun jemand lean oder agil arbeitet. Lean können wir seit Jahrzehnten, da haben wir gerade in Deutschland eine Menge Expertise mit all den Ingenieur-Unternehmen und diesem starken Fokus auf Effizienzerhöhung. Die agilen Aspekte allerdings, also auch all diese Themen rund um Loslassen und Flexibel Sein, sind für die Mitarbeitenden eine wesentliche Veränderung – aber auch speziell für die Führungskräfte.

In SAFe® gibt es eine Implementation Roadmap, die bereits einen Vorschlag enthält, wie eine Einführung aussehen kann. In der Regel besteht der erste Schritt in der Frage: Gibt es eine Notwendigkeit, irgendetwas zu verändern? Meiner Ansicht nach hat jedes Unternehmen die Notwendigkeit, etwas anzugehen. Schließlich zwingen die Digitalisierung und die VUCA-Welt letztlich alle dazu, sich damit auseinanderzusetzen – und das ist dann auch der Punkt, an dem man ansetzen muss. Zunächst muss es darum gehen, die Führungskräfte abzuholen. Auch in den letzten Jahren hat sich immer wieder meine Strategie bewährt – in allen Unternehmen, ob jetzt bei Siemens oder Bosch: Ich versuche immer gleich, sowohl Top Down als auch Bottom Up zu arbeiten. Mir ist es also wichtig, immer mit Teams zu arbeiten, sodass sich diese entwickeln können; gleichzeitig muss man auch die Führungskräfte anleiten.

Gerade im Hinblick auf die Führungskräfte oder auf die ganze Organisation etabliert man in SAFe® das Lean-Agile SAFe® Center of Excellence. Analog dazu gibt es das Agile PMO, welches sich darum kümmert, diese Transformation voranzutreiben. Hinzukommen die Scrum Master oder lean-agile Coaches, die dann konkret die Teams im Operativen unterstützen. Dieser Punkt ist für mich immer hochspannend, weil die Leute dann häufig sagen: „Okay, wir müssen uns in der Mitte treffen – das heißt, das Management muss herunter- und entgegenkommen, und die Mitarbeitenden müssen sich auch nach oben bewegen.“ Ich stelle dann immer wieder fest, dass das Wort „Treffen“ tatsächlich der Knackpunkt ist. Damit ein „Treffen“ funktioniert, ist es auch wichtig, dass man den zeitlichen Aspekt erwischt. Denn oft ist es so, dass die Führungskräfte sehr weit voraus sind, bevor sich die Mitarbeitenden überhaupt zutrauen, das Empowerment anzugehen und zum „Treffpunkt“ hinzukommen. Genauso passiert es umgekehrt, dass sich die Mitarbeitenden bereits komplett in der agilen Welt bewegen – im Gegensatz zu den Führungskräften. Dieses Verpassen führt dann dazu, dass eine der Seiten wieder aufgibt und das Fazit fasst: „Schöner Ansatz, und ich war ja da und habe es versucht, aber da war keiner.“ An so einem Punkt braucht es dann sozusagen Übersetzer wie uns – mit dem Blick von außen – um ihnen zu helfen und festzustellen: Wer ist denn weiter voraus, und was können beide Seiten tun, um auch zum richtigen Zeitpunkt dazu zu kommen. Denn „Treffen“ schließt ja nicht nur einen Ort ein, sondern es braucht auch einen vereinbarten Termin, wann Du Dich dort treffen willst.

BWI: Da spielt meiner Erfahrung nach auch eine wichtige Rolle, wie Top Down und Bottom Up kombiniert werden. Wenn die Mitarbeitenden wirklich das Gefühl haben, dass sie etwas dazulernen können und empowered werden, dann werden sie wahrscheinlich mehr Gas geben. Dabei spielt natürlich auch immer mit hinein, was für eine Prägung die Person hat und wie neugierig sie auf ihre Zukunft zugeht – und auf das, was sie mitgestalten kann.

Das richtige Empowerment für die Mitarbeitenden liegt in den Händen der Führungsmannschaft

BWI: Gerade beim Top Down-Ansatz kann es vorkommen, dass man erst einmal viele Dinge wieder verlernen muss, um dann Neues zu lernen; und das gilt umso mehr in der Führung. Das bringt mich gleich zur nächsten Frage: Wie bindet Ihr die Mitarbeitenden in diesen Prozess ein? Wie erzeugt Ihr wirklich bei ihnen das Gefühl, dass das Empowerment ernstgemeint ist und dass sie mitgestalten können?

WSI: Dieses Einbinden an sich ist beim Scaled Agile Framework® konkret festgelegt, da es in den Prozessen – wie auch bei Sprints – eine Iteration Retrospective gibt. Das Ergebnis nach einem Sprint wird gereviewt oder das Thema wird systematisch dargestellt. In der Agilität wird das dann auf einen Dreimonatszyklus skaliert, dazu gibt es eine Inspect and Adapt-Phase oder Innovations- und Planning Sprints. Diese sind dann wieder auf zwei Wochen angesetzt, und in diesem Zeitraum können sich die Leute wirklich Gedanken machen, noch einmal Innovationen betreiben, Vorbereitungen treffen und sich weiterbilden. An diesem Punkt werden wirklich Möglichkeiten geschaffen, denn oft ist es ja so, dass gar keine Zeit eingeplant ist, auch Innovation betreiben oder sich einbringen zu können. In einem Konzern, den ich aktuell begleite, machen wir beispielsweise einen Hackathon. Darin können die Mitarbeitenden ihre eigenen Ideen einbringen und am echten Thema arbeiten – eben ohne vorgegebene Anweisungen. Wenn es dazu jedoch gar keine Möglichkeiten gibt, dann wird es schwierig mit der Einbindung.

Allerdings muss man an dieser Stelle immer dazusagen, dass die Mitarbeitenden relativ schnell bereit sind, ihr Feedback zu geben und sich einzubringen. Wenn dieser Input letztendlich aber nicht umgesetzt wird von der Führungsmannschaft, dann kann das sehr schnell wieder verpuffen. Dementsprechend wichtig ist es, auch mit dem zu arbeiten, was eingebracht wird. Das heißt, dass es nicht nur um das Machen von Vorschlägen zu Innovationen geht, sondern man muss auch diese Vorschläge nachverfolgen und immer zeigen, dass der Input ankommt. Natürlich muss man auch kommunizieren, dass man nicht alles einführen kann. Aber man muss die Punkte wichtig nehmen, die Mitarbeitenden wertschätzen und einbinden – nur so gelingen Innovationen und Verbesserungen. Unter anderem war auch ein wichtiges Thema bei SAFe 5.0, dass die lernende Organisation nochmals hervorgehoben wird: Wir alle – jede Person, aber auch die Unternehmen und Firmen als Ganzes – müssen zu einer lernenden Organisation werden. Denn alles verändert sich immer schneller, und wir benötigen einfach diese Lernmöglichkeiten. Lernen heißt auch, Fehler zu machen – nur sollte man die Fehler am besten eben nicht zweimal, dreimal oder öfter machen.

Enormes Wirkungspotenzial durch das richtige Framework im Unternehmen

BWI: Bleiben wir direkt beim Ausblick und der Langfristigkeit: Welche Wirkung und welche Nachhaltigkeit erzeugt denn SAFe®?

WSI: Die Wirkung ist immer relativ schnell zu sehen, es ist aber auch wie bei einer Scrum-Einführung: Es gibt immer Leute, die dem Framework gegenüber skeptisch sind. Ich persönlich mag meistens die Skeptikischen sehr gerne. Denn wenn man sich einmal die Zeit nimmt und sich mit diesen Personen zusammensetzt, werden auch die Gründe für ihre Skepsis klar. An diesem Punkt ergibt sich dann die Möglichkeit, auf sie einzugehen und ihnen zu erklären, was man daraus erreichen kann und welche Vorteile sich ergeben. Genau diese Personen sind dann gute Multiplikatoren für andere. Deshalb arbeite ich sehr gern mit genau diesen zusammen.

Zudem bekommen die Mitarbeitenden dann sehr schnell mit, dass sie mehr Transparenz haben in allen möglichen Bereichen. Das kann unangenehm sein, weil auch sichtbar wird, was sie alles machen, jedoch sehen sie dann auch mehr Möglichkeiten, konstruktiven Einfluss zu nehmen. Bei einer geschickten Umsetzung werden sie durch das Framework auch geschützt – es verhindert, dass sie in einen Überlastungsmodus kommen, das ist mir persönlich auch sehr wichtig.

Grundsätzlich ist SAFe® auch sehr wirtschaftlich getrieben, was natürlich spezielle Zielsetzungen ermöglicht, beispielsweise eine schnellere Time to Market: Mit SAFe® wird diese teilweise viel schneller reduziert. Gerade vor zwei Wochen gab es wieder gute Beispiele beim European SAFe® Summit, bei dem eine Firma vorgestellt hat, dass sie ihre Time to Market von 18 Monaten auf drei Monate reduziert hat. Die Qualität und die erhöhte Produktivität sind sicher nicht gleich von Anfang an dieselbe, aber im Zuge der Einführung – wenn man sich dann ausführlich damit beschäftigt – lässt sich ein deutlich höheres Level der Produktivität und Qualität erreichen. Dasselbe gilt für das Engagement der Mitarbeitenden: Ich sehe dann dieses Leuchten in den Augen viel öfter als vorher. Aber auch das hängt wieder damit zusammen: Man muss das richtige Umfeld schaffen. Wenn das richtige Umfeld nicht geschaffen wird, dann erlischt dieses Leuchten auch schnell wieder.

BWI: Im Einzelnen ist das dann auch wieder der Dreiklang von Skillset – Toolset – Mindset, und die Toolsets sind schlicht und ergreifend ein essenzieller Hebel. Dazu gibt es auch das Konzept von Bricks, Bytes und Behaviour, also auch das Thema: Wie ist dann wirklich das Umfeld? Wie sehen Büros aus? Wie sieht die IT-Ausstattung aus? Wie ist aber auch das Verhalten der Menschen, die den Rahmen geben?

Das Interview zur konkreten Einbindung der Mitarbeitenden in den Organisationen und zur zielgerichteten Zusammenarbeit mithilfe von SAFe® und SharedLeaderShift© führten Barbara Wietasch, TCI Partner, und Werner Siedl, Managing Partner der TCI.

Direkt weiterlesen und Themen vertiefen

Im abschließenden Teil Vier des Interviews liegt der Fokus auf dem Ausblick in die Zukunft. Einerseits geht es darum, wohin sich SAFe® entwickeln wird, andererseits um die Frage, wie sich die Zukunftsperspektiven für die Unternehmen gestalten – und wie sich die Organisationen darauf vorbereiten können. All das lesen Sie im Interviewfinale, welches voraussichtlich am Freitag, den 21. August 2020, erscheinen wird.

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(Coverbild: © ASDF | Adobe Stock)

Über den Autor

Frank Bunge

Frank Bunge

Frank Bunge ist TCI Partner und begleitet Unternehmen bei der Neuausrichtung ihrer Geschäftsprozesse zur Optimierung der Kundenbindung. Dabei blickt er auf mehr als 20 Jahre Service Excellence- und Customer Experience-Erfahrung als Geschäftsführer und Senior Manager zurück.

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