Leadership neu definiert: Wie Shared-LeaderShift im Unternehmen funktioniert und Führungsaufgaben richtig verteilt werden

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Barbara Wietasch

15. November 2019

Unternehmen haben häufig mit Problemstellungen zu kämpfen, die in überholten Führungsmodellen verwurzelt sind. Was Mitarbeiterführung und -motivation heutzutage so schwierig macht, haben wir uns bereits angeschaut – und auch, warum eine neue Führungsstruktur vonnöten ist. Im folgenden Teil Vier des Interviews mit Barbara Wietasch nehmen wir das Grundkonzept des innovativen Führungsmodells Shared-LeaderShift© unter die Lupe. Konkret geht es um die drei Rollen im Triumvirat: Welche Führungsrollen sind wie zu besetzen? Wie sehen die einzelnen Aufgabenfelder aus, wer übernimmt welche Führungsaufgaben? Und wie kann dieses Zusammenspiel überhaupt funktionieren? Lesen Sie hier die Antworten.

Führungsrollen neu gedacht: Wie eine gezielte Teilung der Führungsaufgaben gelingt – Barbara Wietasch in Interview

Schönen guten Tag Frau Wietasch, wenn wir uns von bisher bekannten Führungsmodellen verabschieden, Führung aber weiterhin bestehen bleibt: Wer führt dann?

Im Kern ist es nicht mehr nur eine Führungsperson, sondern mehrere – insgesamt drei, um genau zu sein. Dieses Kernteam bezeichnen wir im Shared LeaderShift©-Modell als Triumvirat.

Schauen wir zunächst einmal an, woher der Begriff „Triumvirat“ überhaupt kommt?

Wir kennen ihn aus der römischen Antike; wo eine Dreier-Kommission gebildet wurde, die durch ihre Geschicke ein mögliches politisches Tohuwabohu verhindert werden sollte.

Drei Menschenfiguren auf gleicher Höhe, Piktogramme in Silber, Gold und Metall auf weißem Hintergrund
Im Shared LeaderShift©-Modell verteilen sich die Führungsaufgaben auf ein Team von drei Personen: im Triumvirat und auf Augenhöhe. (Bild: © Barbara Wietasch | Eva-Maria Danzer)

Ein Konzept aus der Antike soll die Organisationen der Zukunft zum Erfolg führen?

Die konsequente Teilung von Führung auf drei verschiedene Köpfe, die ihrerseits in Kollaboration FührungsKRAFT stellen, ist eine Revolution. Entstanden ist sie vor allen Dingen aus der Frage: Wie kann ein Führungsmodell langfristig so angelegt sein, dass es den anstehenden Wandel von Hierarchie Silodenken hin zu Netzwerken und Zellen nachhaltig begleitet? Hier kommt das Triumvirat als neue Organisationsform ins Spiel. Es bedeutet zu führen, indem Verantwortung auf Funktionen und Personen aufgeteilt wird, die ihrerseits eine jeweils klare Rolle verkörpern und als Individuen, Teams und Gesamtorganisation kooperativ agieren.

Mit dem Triumvirat ist sichergestellt, dass alles, was den Erfolg einer Organisation von Führungsseite her beeinflusst, umfänglich repräsentiert ist. Gleichzeitig werden Widersprüche vermieden, die entstehen, wenn eine Person mehrere Rollen besetzt, wie zum Beispiel die des Forderns und Förderns.

Scrum stand übrigens Pate bei der Entwicklung dieses Gedankens, und vielleicht auch das Spotify-Modell. Darin haben wir den Wert kennengelernt, der in der konsequenten Trennung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten liegt. Letztendlich hat das Shared-LeaderShift© Modell mit Scrum auf jeden Fall so manches gemeinsam. Da wäre zum Beispiel die konsequente Ausrichtung des Triumvirats an einem „Manifest“: Wir würden es die Governance des Triumvirats nennen oder das Verständnis für die Kraft des Teams. Und es geht gleichzeitig deutlich über Scrum hinaus.

Es geht also um Rollen statt um Personen. Was ist der Unterschied in Ihrem Ansatz?

Ganz richtig, wir sprechen von Rollen, statt, wie bisher von Personen. Denn Rollen können beliebig mit Kompetenzträgern besetzt werden. Die beteiligten Führungsrollen aus unserer Sicht sind:

  • Customer & Value Leader
  • Team & Performance Leader
  • People & Culture Leader.

Einen entscheidenden Unterschied macht, dass diese Rollen verschieden besetzt werden können: durch klassische Führungskräfte der Fachbereiche, durch Kompetenzträger eines crossfunktionalen beziehungsweise End-to-End-Teams und auch rollierend. Letzteres ist eigentlich der Shift.

Gut, diese Rollen lassen sich wahrscheinlich am besten nacheinander betrachten. Bleiben wir bei Ihrer Reihenfolge: Was macht der „Customer & Value Leader“?

Die Rolle des „Customer & Value Leaders“ ist neu und wäre am ehesten zu vergleichen mit dem Product Owner aus dem Scrum. Sie sollte jedoch erweitert verstanden werden. Diese Führungsfunktion definiert die Wünsche und Anliegen sowie die Nutzenanforderungen aus Kundensicht. Andererseits bewertet sie die vom Team erbrachte Leistung, stellt Anforderungen an Iterationen und nimmt das „Gewerk“ ab. Gemeinsam mit der Rolle des „Team & Performance Leaders“ legt der „Customer & Value Leader“ das „Lastenheft“, die „Messgrößen“ und das Budget für die Leistungserbringung fest. Er steht als Sparringspartner für Klärungsbedarfe und Iterationen zur Verfügung und sichert die Ressourcen. Dabei repräsentiert er den Kunden voll und ganz und hält die Schnittstelle zu internen und externen „Kunden“.

Wenn man die Aufgaben und Kompetenzen im Einzelnen auflisten würde, wie sieht diese To-Do-Liste des „Customer & Value Leaders“ aus?

Kurz und knapp zusammengefasst wären das:

  • Die Benennung und das Vertreten der Kundenwünsche, -anliegen und -bedürfnisse
  • Das Festlegen des „Lastenhefts“ (zugegebener Maße ein veralteter Begriff), in dem die Gütekriterien der erwarteten Leistung festgeschrieben werden
  • Die Sicherung der erforderlichen Ressourcen
  • Die Begleitung der „Produktentwicklung“ als Sparring- und Iterationspartner
  • Die Bewertung der Leistung und Abnahme sowie das Feedback an die Leistungserbringer.

Grundsätzlich gilt, dass der „Customer & Value“ Leader diese Führungsaufgabe parallel für mehrere Leistungsbereiche wahrnehmen kann. Dabei kann er auch mit verschiedenen Teams zusammenarbeiten.

Gut, soweit verstanden. Gehen wir weiter: Wie wird dieser durch den „Team & Performance Leader“ ergänzt?

Die Rolle des „Team & Performance Leaders“ hat ihre Wurzeln ebenfalls im Scrum, nämlich im Scrum Master. Sie geht jedoch darüber hinaus. Man könnte sie vielleicht als eine Kombination aus Scrum Master und Agile Coach bezeichnen. Der „Team & Performance Leader“ bildet die Schnittstelle zwischen dem Team und dem „Customer & Value Leader“, der wiederum die Kundenperspektive vertritt. Es liegt in seiner Hand, mit dem Team Ziele und Ressourcen abzustimmen und idealerweise in Sprints Leistungen in „time and quality“ zu erbringen. Er hat den Teamgeist im Auge und sichert die Einhaltung der Governance. Idealerweise koordiniert er die Teamzusammensetzung. Er bildet aber auch die Schnittstelle zum „People & Culture Leader“ und trägt dazu bei, dass die Mitarbeitenden als Individuen eine persönliche Förderung und Entwicklung erfahren.

Wenn wir nun wieder eine Aufgabenliste zusammenstellen wollten, wären das für den „Team & Performance Leader“ welche?

Als kurze Liste:

  • Die Fokussierung des Auftrages für das Team
  • Die Sicherung der Leistungserbringung in „time and quality“
  • Die Unterstützung bei der Ausformulierung der Sprints innerhalb eines Leistungszeitraums
  • Das Fördern und Herausfordern des Teams
  • Die Sicherung des Teamgeistes.

Zum Abschluss: Was macht der „People & Culture Leader“, wenn diese beiden eigentlich schon alle Führungsaufgaben abdecken, die wir heute kennen?

Den „People & Culture Leader“ als dritten Helden im Bunde suchen wir im Scrum oder anderen agilen Ansätzen in der Tat vergebens. Sie ist mehr inspiriert vom „Leadership“, um genauer zu sein vom „Servant Leadership“. Dabei handelt es sich jedoch um eine Rolle mit einem erweiterten Fokus. Sie ist so angelegt, dass sie die Interessen der persönlichen Situation und Entwicklung eines jeden einzelnen Mitglieds einer Organisation, das heißt eines Mitarbeiters auf allen Ebenen, individuell begleitet. Ebenso initiiert und gestaltet sie die „People & Culture“-Strategie. Diese Rolle sollte völlig frei von einer Bewertung des Einzelnen sein und sich nur auf dessen Förderung fokussieren. Persönliches Coaching, Unterstützung beim individuellen Wachstum und die Optimierung individueller Bedingungen im Rahmen der Arbeit sind Aufgaben dieser Rolle.

Also nochmal aufgelistet deckt das Aufgabenfeld des „People & Culture Leaders“ was alles ab?

In aller Kürze sind das die folgenden Punkte:

  • Die Individuelle Betreuung von einzelnen Mitarbeitern
  • Coaching und Befähigung
  • Die Begleitung des Einzelnen bei seiner persönlichen Entwicklung/Karriere
  • Mediation und Konfliktmanagement
  • Gestaltung von Feel good- und Happiness-Maßnahmen
  • Gestaltung für Kultur und Lernen.

Diese Rolle sehen wir bei HR – möglicherweise bei einer ganz neuen Art von HR. Schließlich übernimmt diese den strategischen Lead für die Unternehmenskultur und die Menschen in der Organisation insgesamt.

Grundvoraussetzung dafür, dass die Aufteilung der Führung auf diese drei Rollen gelingt, ist die bereits erwähnte Governance. Das heißt, es muss ein Governance- oder ein Leitlinien-Modell entwickelt und implementiert werden, dass von da an konsequent nachgehalten wird.

Drei Führungsrollen und deren Führungsaufgaben und Vernetzung als Customer & Value Leader, Team & Performance Leader und People & Culture Leader, Menschenfiguren auf gleicher Höhe, Piktogramme in Silber, Gold und Metall auf weißem Hintergrund
Das Triumvirat (Customer & Value Leader, Team & Performance Leader und People & Culture Leader) ist in den jeweiligen Führungsaufgaben auf Augenhöhe vernetzt. (Bild: © Barbara Wietasch | Eva-Maria Danzer)

Vielen herzlichen Dank, Frau Wietasch, für diese spannenden Ausführungen und diese genaue Analyse der drei Rollen im Triumvirat beim Shared LeaderShift©-Konzept. Wir freuen uns auf Teil Fünf des Interviews!

Das Interview mit Barbara Wietasch führte die TCI-Redaktion.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie auch die vorangegangenen Teile der Interviewreihe!

Teil Fünf finden Sie hier: Zukunftsfähiges Transformations-Tool für Unternehmen: Erfahrungen mit Shared LeaderShift©

Über Ihre Autorinnen

TCI-Partnerin Barbara Wietasch, Expertin für Mitarbeiterführung und Shared LeaderShift, und Eva-Maria Danzer, pezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel
Barbara Wietasch (rechts) ist Partnerin der TCI und begleitet Menschen, Teams und Organisationen im Wandel als Coach, Trainerin und Consultant. Eva-Maria Danzer ist langjährige Spezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel und begleitet diese auf deren Entwicklungsweg. Gemeinsam haben sie das Shared-LeaderShift©-Konzept aus der Taufe gehoben. (Bilder: © Barbara Wietasch | Margit Marnul, Wien; © Eva-Maria Danzer)

Barbara Wietasch ist Master of Advanced Studies (MAS) als Personal- und Organisationsentwicklerin und begeistert sich seit mehr als 20 Jahren für die Begleitung von Menschen, Teams und Organisationen im Wandel, als Coach, als Trainerin und als Consultant. Ihre Wurzeln sind im Vertrieb & Marketing. Daher stehen für sie in allen organisationalen Veränderungen immer die Menschen – das heißt die internen und externen Kunden – im Fokus. Bei ihrer Arbeit geht sie grundlegend davon aus, dass Systeme die Lösung in sich tragen und kundig sind. Auf der Reise hin zu „New Work“ sieht sie sich als Brückenbauerin auf verschiedenen Ebenen.

Eva-Maria Danzer ist seit mehr als 25 Jahren Spezialistin für Menschen und Organisationen im Wandel. Sie ist Geschäftsführerin von „The Company Journey Guides“, einer Gesellschaft für Unternehmensentwicklung in München mit über 20 Personen. Sie verstehen sich als Entwicklungsbegleiter von Organisationen auf deren eigener Journey. Hierbei sind sie international tätig, insbesondere in vier Fokusbereichen: Mindset first, Leader-Shift, Hero Customer, Zeitgeist Learning & Organisational Development.

(Coverbild: © georgerudy | stock.adobe.com)

Über den Autor

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Barbara Wietasch

Barbara Wietasch, Personal- und Organisationsentwicklerin begleitet Menschen, Teams und Organisationen im Wandel als Coach, Trainerin und Consultant. Auf der Reise hin zu „New Work“ sieht sie sich als Brückenbauerin auf verschiedenen Ebenen.

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