Digitalisierung: Potenziale durch Cultural Change ausschöpfen – Interview mit Oliver Foitzik

Oliver Foitzik

Oliver Foitzik

14. Mai 2021

Dass die Digitalisierung keine reine IT-Aufgabe ist, dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Warum kulturelle Faktoren so entscheidend sind und welche Unternehmenskultur dazu beiträgt, dass Unternehmen von der Digitalisierung profitieren, erläutert Oliver Foitzik im Interview. Zusammen mit Katja Heumader hat er den Beitrag „Potenziale der Digitalisierung: Die Intelligenz der Vielen im Unternehmen nutzen“ im aktuellen Band „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ geschrieben.

Anmerkung der TCI-Redaktion: Hier geht’s direkt zu Teil 2 des Interviews mit Oliver Foitzik – Crowdsourcing: Die Intelligenz der Vielen nutzen

Digitalisierung: „Das Mindset spielt eine entscheidende Rolle“

Beate Greisel: Immer wieder liest man, dass Digitalisierung kein reines IT-Projekt ist, sondern es einer digitalisierungsfreundlichen Kultur bedarf, damit Unternehmen und Mitarbeiter*innen profitieren können. Warum reicht es nicht, die entsprechenden Tools einzukaufen und sie dann zu nutzen?

Oliver Foitzik: Digitalisierung bedeutet Vernetzung. Eine Netzwerkstruktur ist per definitionem nicht hierarchisch. Digitalisierung lässt sich deshalb mit einem autoritativen Führungsstil nicht umsetzen. Auch Transparenz ist entscheidend: In den Netzwerken muss Wissen geteilt werden, damit man gemeinsam effizient an der Lösung von Problemen arbeiten kann. Das Mindset der Akteure spielt daher eine zentrale Rolle.

Tools sind für eine Digitalisierungskultur natürlich ebenfalls wichtig, die digitale Infrastruktur muss bereitgestellt werden. Aber sie sind eben längst nicht alles. Denn nur wenn diese Infrastruktur auch mit den entsprechenden Inhalten gefüllt wird, lässt sich die Technologie gewinnbringend nutzen.

Mitarbeiterbedürfnisse individuell erfüllen

BG: Wie muss so eine digitalisierungsfreundliche Kultur ausgestaltet sein?

OF: Wie ich eben schon sagte sind Transparenz, Vernetzung und ein vertrauensbasierter Führungsstil wichtige Elemente für eine digitalisierungsfreundliche Unternehmenskultur. Darüber hinaus gehört zu einer solchen Kultur aber auch eine starke Mitarbeiter- und Kundenorientierung.

Denn durch die Digitalisierung sind Informationen und Waren ständig und in großem Umfang verfügbar. Dadurch verändern sich Kaufverhalten und Kundenerwartungen. Customer Experience wird daher immer wichtiger und muss abteilungsübergreifend – vernetzt eben! – im gesamten Unternehmen umgesetzt werden. Dies geht Hand in Hand mit der Employee Experience: Die Mitarbeiter*innen sind es, die für die Kund*innen den Mehrwert kreieren. Dieser schafft Umsatz und Gewinn für das Unternehmen. Letztlich profitieren also sowohl Mitarbeiter*innen als auch das Unternehmen und natürlich auch die Kund*innen von Engagement und Motivation der Mitarbeiter*innen. Denn nur begeisterte Mitarbeiter*innen, die sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen identifizieren, können auch Kund*innen begeistern.

Ein Patentrezept gibt es dafür allerdings nicht: Man muss individuell für alle Mitarbeiter*innen die optimale Arbeitsumgebung zu schaffen – es beginnt beim Computer, der schnell hochfährt und sich nachts updatet, geht über gesundes und gutes Kantinenessen bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten und -orten – je nach Bedarf des*r Einzelnen. Mitarbeiter*innen müssen die Wertschätzung des Unternehmens und ihrer Führungskräfte erfahren, indem diese sie gezielt fördern und unterstützen – womit wir wieder beim Thema Führungsstil wären. Die kulturellen Elemente gehen Hand in Hand und bedingen sich gegenseitig.

BG: Welche Rolle kann der Enterprise Transformation Cycle (ETC) bei einem solchen Kulturwandel einnehmen?

OF: Der ETC bezieht mit Werten und Prinzipien, Strategie, Prozessen, Organisation, Mitarbeiter*innen, Systemen und Prozesssteuerung alle Faktoren, die in einem kulturellen Transformationsprozess eine Rolle spielen, mit ein. Insofern stellt er ein geeignetes Framework da, um einen solchen Prozess zu initiieren, zu managen und zu evaluieren. Gerade das Thema Digitalisierung als Voraussetzung für die Nutzung neuer technologischer und struktureller Möglichkeiten zeigt, wie wichtig es ist, von der Werteorientierung über die Prozesssteuerung bis hin zur technologischen Infrastruktur alle Unternehmensbereiche zu überprüfen und zu erneuern. Nur dann lässt sich das Potenzial der Digitalisierung auch gewinnbringend ausschöpfen.

BG: Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung vor allem in puncto mobilem Arbeiten und Homeoffice einen gehörigen Schub gegeben. Wo liegen für Mitarbeiter*innen die Chancen dieser Entwicklung, wo können Probleme auftauchen?

OF: Sowohl die Chancen als auch die Probleme liegen in der erhöhten Flexibilität. Denn durch digitale Kommunikation und entsprechende Tools kann man von jedem Ort aus und zu jeder beliebigen Zeit arbeiten. Das erleichtert natürlich Vieles: Zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wenn Kinder zu Hause betreut werden müssen. Oder eben auch die Reduzierung von Kontakten, wenn man von zu Hause aus arbeitet.

Auf der anderen Seite stehen die ständige Erreichbarkeit oder erhöhter Druck durch standardisierte Vorgaben. Besonders im Homeoffice besteht die Gefahr, dass sich Arbeit und Privatleben nur noch schwer trennen lassen. Besonders problematisch wird dies bei standardisierten Vorgaben und permanenter Kontrolle. Abgrenzung ist hier unbedingt notwendig.

Damit das gelingt, müssen Mitarbeiter*innen die Möglichkeit haben, ihre Arbeit selbst zu gestalten. Eine Kultur, die auf Transparenz, Flexibilität und ein hohes Maß an Eigenständigkeit setzt, kann Überbelastung und Überforderung entgegenwirken, Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter*innen und gleichzeitig Produktivität und Effizienz steigern.

Lieber Herr Foitzik, herzlichen Dank für das interessante Gespräch. Im zweiten Teil Ihres Interviews geht es dann um Crowdworking und Crowdsourcing – zwei Arbeitsweisen, die eine digitalisierungsfreundliche Kultur zur Voraussetzung haben.

Das Interview mit Oliver Foitzik führte Beate Greisel für die TCI-Redaktion.

„Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ – erschienen August 2020

Die Transformation Consulting International begleitet seit vielen Jahren national und international Transformationsprojekte in Unternehmen. Basierend auf diesem umfangreichen Erfahrungsschatz zur praktischen Umsetzung ist nach dem ersten Band „Der Enterprise Transformation Cycle“ der zweite Band mit dem Titel „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern: Projekte erfolgreich planen, durchführen und abschließen“ im renommierten Springer-Verlag erschienen. Als Weiterführung zum ersten Band berücksichtigt dieser weitere Wünsche und Anregungen von Lesenden und legt konkrete Transformationsprojekte und Handlungssituationen von Expert*innen der TCI in ihrer täglichen Anwendung des ETC dar. Herausgeber des über 500-seitigen Bandes sind Mario A. Pfannstiel und Peter F.-J. Steinhoff. Sie finden darin zahlreiche theoretisch-konzeptionelle Beiträge sowie Fallbeispiele aus der Praxis zum „Enterprise Transformation Cycle“.

Quelle Coverbild: © Blue Planet Studio | Adobe Stock

Über den Autor

Oliver Foitzik

Oliver Foitzik

Oliver Foitzik ist seit 2009 TCI Partner und zuständig für Business Development. Als Senior Berater liegt sein Fokus auf Fragestellungen rund um Strategie, Organisation, Prozesse und IT. Zudem ist er Experte für Kommunikation und Neue Medien.

Teile diesen Artikel auf Social Media

Weitere Blogartikel

Mehr aus unserem Blog

Harrlachweg 2

68163 Mannheim
Deutschland

KONTAKT

Sie haben eine Anfrage? Gerne!

© 2024 TCI • Alle Rechte vorbehalten.