Business-Agilität: Kontinuierliche Innovation durch Lean- und Agile Praktiken

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Peter Steinhoff

23. Juli 2021

Mit dem SAFe®-Framework ziehen Business-Agilität, Organisationsagilität und agile Führung in die Unternehmen ein. Das bedeutet: Lean und agile Arbeitsweisen werden in allen Unternehmensbereichen und von allen Mitarbeitern konsequent und kontinuierlich angewandt. Wie das gelingt und welche Vorteile sich aus Business-Agilität sowie lean- und agilen Praktiken ergeben, erklären Peter Steinhoff und Werner Siedl, Herausgeber des Sammelbandes „Agilität in Unternehmen“ im Interview.

Hinweis der Redaktion: Lesen Sie auch Teil 1 des Interviews mit Peter Steinhoff und Werner Siedl SAFe®-Framework: Lean und Agile Management ganzheitlich umsetzen

Durch Business-Agilität schnell auf Marktveränderungen reagieren

Katja Heumader: Das SAFe®-Framework zielt auf die Etablierung von „Business-Agilität“ ab. Was kann ich mir darunter vorstellen?

Peter Steinhoff: Gemäß SAFe® ist Business-Agilität die Fähigkeit, schnell und effektiv auf Marktveränderungen reagieren zu können. Business-Agilität erfordert, dass jeder, der an der Bereitstellung von Lösungen beteiligt ist, beispielsweise Entwicklung, IT, Recht, Marketing, Finanzen, Support, Compliance, Sicherheit, und so weiter Lean- und Agile-Praktiken einsetzt, um kontinuierlich innovative sowie qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen schneller als die Konkurrenz zu liefern.

Business-Agilität beinhaltet somit lean-agile Leadership, Organisationsagilität, Team- und technische Agilität, agile Produktentwicklung, skalierte Systemlösungsentwicklungen, lean Portfolio Management und eine lernende Kultur im Unternehmen. Also alle Elemente für eine ganzheitliche und nachhaltiges modernes lean agiles Unternehmen.

KH: SAFe® kombiniert „lean“ Management und „agile“ Management. Was sind die jeweiligen Kennzeichen dieser Ansätze und wie ergänzen sie sich?

Werner Siedl: Ich übersetze gerne agile mit Effektivität und lean mit Effizienz. Effektivität bedeutet das Richtige zu tun. Früher war das Ziel eines Projektes oder einer Entwicklung sehr oft klar definiert und hat sich über die Zeit kaum geändert. In Zeiten der Digitalisierung und der erhöhten Komplexität von Projekten und Entwicklungen verändert sich das Ziel oft über den Zeitraum der Projektlaufzeit. Ohne Anpassungen können wir dann Kundenerwartungen nicht erfüllen. Darum benötigen wir ein agiles Vorgehen, wodurch wir die Möglichkeit schaffen, regelmäßig unsere Ziele anzupassen.

Führungskräfte: Vorbild für Veränderung

KH: Welche Rolle spielen Führungskräfte und Führungsverhalten bei der Implementierung von SAFe®?

WS: Die Führungskräfte spielen eine wesentliche Rolle. Im Kapitel 5 „Ohne Führungskräfte geht es nicht“ gehen Ute Nitschke und ich auf diese Rolle ein. Führung von agilen Teams unterscheidet sich von der Führung in klassischen Projekten. In lean agilen Unternehmen trägt die Verantwortung nicht mehr eine Person, sondern ein funktionsübergreifendes agiles Team oder mehrere agile Teams, welche sich selbst organisieren und viele Entscheidungen selbst treffen. Dies erfordert von den Führungskräften ein offenes Mindset, das Loslassen alter Verhaltensweisen und eine Vorbildfunktion, was Veränderungen angeht. Die moderne Führungskraft agiert als Coach für seine Teams und Mitarbeiter, damit diese sich weiterentwickeln und dazu lernen können. Nur so können sie als Gesamteinheit effektiver und effizienter werden. Lediglich ganz große wirtschaftliche Entscheidungen, seltene Entscheidungen und Entscheidungen, die langfristige Auswirkungen auf die Firma und Organisation haben, werden von den Chefs zentral getroffen. Alles andere sollte an die Teams delegiert werden, die mit ihrer Fachkompetenz bessere und schnellere Entscheidungen treffen können.

Schnelle Anpassungsfähigkeit durch Organisationsagilität

KH: Neben Business-Agilität und agiler Führung ist Organisationsagilität der dritte Aspekt, den Unternehmen erfüllen müssen. Was versteht man darunter?

PS: Die Organisationsagilität beschreibt, wie Mitarbeiter und Teams Geschäftsprozesse optimieren, die Strategie weiterentwickeln und die Organisation bei Bedarf schnell anpassen, um neue Chancen zu nutzen. Gemäß SAFe® sind die folgenden Dimensionen der organisatorischen Agilität zentral. Das sind einmal die lean denkenden Mitarbeiter und agile Teams, dann schlanke Geschäftsabläufe sowie eine strategische Agilität, und damit die Fähigkeit, neue Strategien schnell und entschlossen umzusetzen.

Das Zitat von Jim Highsmith beschreibt den Begriff der Organisationsagilität ganz gut. Er sagt: „Agility is the ability to adapt and respond to change … agile organizations view change as an opportunity, not a threat.”

Kapitel 11 dieses Buches definiert die Begrifflichkeiten wie beispielsweise die Organisationsagilität im Detail. Ferner wird am Beispiel von Scaled Agile Inc., der Firma, die hinter dem Scaled Agile Framework® steckt, beschrieben, wie mit einer organsiatorischen Agilität Krisen wie die Covid-Pandemie im Unternehmen bewältigt werden können.

KH: Gibt es allgemeingültige Kriterien von Projekten, die erfüllt sein müssen, um SAFe® erfolgreich anwenden zu können?

WS: Ja. Das Projekt oder Unternehmen sollte eine gewisse Größe haben und zusammenwirken. Wenn drei agile Teams an einer gemeinsamen Lösung arbeiten, ist es sinnvoll, „SAFe® Essential“ einzuführen. Es lohnt sich auch nur, wenn eine gewisse Komplexität vorliegt. Bei einfachen oder komplizierten Projekten und Produkten würde ich ein klassisches Projekt aufsetzen oder eine Task Force bilden. In diesem Fall wäre dies effektiver und effizienter.

Da SAFe® modular aufgebaut ist, kann es nach „SAFe® Essential“ je nach Bedarf in alle Richtungen erweitert werden. Wenn Sie skalieren wollen, geht dies bis in Richtung Portfolio Level, agiler Budgetierung und Strategie oder in Richtung DevOps (Entwicklung & Betrieb), automatisiertes Testen oder Customer Experience/Design Thinking. Der Vorteil von SAFe® ist, dass die passenden Möglichkeiten schon im Framework Baukasten vorhanden sind und Sie einfach, wie bei LEGO®, den fehlenden Baustein für ihre individuelle Lösung dazu holen.

Herr Siedl, Herr Steinhoff, ich danke Ihnen für das interessante Gespräch und wünsche Ihnen viel Erfolg mit Ihrem neuen Buch!

Das Interview mit Peter Steinhoff und Werner Siedl führte Katja Heumader für die TCI-Redaktion.

„Agilität in Unternehmen“: theoretisch fundiert und praxisnah

Agilitaet in Unternehmen Buchcover
Bild: © Springer Verlag

Im Fokus von „Agilität in Unternehmen“ steht die praktische Anwendung der Konzepte. Die Beiträger:innen des Sammelbandes decken dabei – neben der Einführung in die theoretischen Grundlagen – verschiedene Bereiche ab: Unternehmens- und Personalführung, Organisationsmanagement, Evaluation und Controlling, Entscheidungsverhalten, Rollen in Projekten sowie das Management von Geschäftsprozessen.

„Agilität in Unternehmen“ richtet sich an unternehmensinterne und -externe Praktiker:innen, für die Transformationsmanagement im Zentrum ihrer Aufgaben steht. Coaches, Business-Verantwortliche, Geschäftsführer:innen und andere Entscheidungsträger profitieren von den umfassenden Perspektiven des Sammelbandes ebenso wie Wissenschaftler:innen und Dozent:innen mit den Schwerpunktfächern Organisation, Agiles Management, Projektmanagement, Business Management, Change Management, Produktmanagement, Entwicklung, Prozessmanagement und Strategisches Management.

Hinweis der Redaktion:

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Quelle Coverbild: © BullRun | Adobe Stock

Über den Autor

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Peter Steinhoff

Prof. Dr. Peter Steinhoff ist Managing Partner der TCI Transformation Consulting International GmbH und Experte für Business Transformation im CFO- und CIO-Bereich. Zudem ist er Professor für Betriebswirtschaftslehre und als Speaker und Autor aktiv.

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