„Das Team beflügelt“ – Iris Maier über erfolgreich agiles Arbeiten

Iris Maier

Iris Maier

26. November 2021

Agiles Arbeiten ist immer Arbeiten im Team – weitgehend ohne Hierarchien und mit viel Eigenverantwortung. Damit das Team in den Flow kommt und alle Mitarbeitenden ihren Beitrag leisten können, gilt es die richtigen Voraussetzungen zu schaffen. Wie das Team zum Dream-Team wird und was das bringt, verrät Iris Maier, Autorin des Beitrags „Die Prinzipien von agil und lean leben – Aus der Praxis für die Praxis“ im Interview.

Anmerkung der Redaktion: Hier geht’s direkt zu Teil 1 des Interviews mit Iris Maier Agile Werte: Orientierung für Agilisierung in der Praxis

Agile Teams: motiviert, lernbereit, leidenschaftlich

Katja Heumader: Die Teammitglieder in agilen Teams müssen hohe Motivation und Lernbereitschaft mitbringen. Wie lassen sich diese Eigenschaften beziehungsweise Kompetenzen fördern?

Iris Maier: Motivation und Lernbereitschaft brauchen Zeit und Raum und gemeinsame Grundwerte. Menschen sind von Natur aus neugierig, experimentierfreudig, lernfähig und begeisterungsfähig. Da können wir uns an den Kindern ein Beispiel nehmen. Leider wurde das bei vielen zuhause und in der Schule nicht gefördert und ist somit verkümmert. Ich bin überzeugt, dass in jedem Menschen Leidenschaften und Stärken stecken.

Um eine hohe Motivation zu erreichen, hat jedes Teammitglied andere Triggerfaktoren. Im agilen Setting konnte ich häufig beobachten, dass bei vielen sowohl das Gefühl als auch die Wahrnehmung, als „Dream“-Team viel mehr leisten zu können als die Summe der Einzelleistungen extrem beflügelt. Ebenso wie die Tatsache, dass es kein „oben“ und kein „unten“ gibt. Alle gemeinsam pflegen einen wertschätzenden und respektvollen Umgang. Das klappt nicht immer auf Anhieb, das wäre zu schön. Das ist auch das Anstrengende am agilen Setting: Jeder muss an sich selbst und gleichzeitig am gemeinsamen Miteinander im Team arbeiten, lernen und sich immer mehr aufeinander einspielen.

Lernbereitschaft lässt sich sehr stark durch den Einbau von Iterationen in regelmäßigen Abständen fördern, die nicht verplant sind. In denen experimentiert werden darf und soll, alleine oder im Team oder mit anderen Expert:innen. Impulsreferate mit anschließendem Expertenaustausch fördern ebenfalls die Lernbereitschaft. Gerne wird dies in den Communities of Practices getan oder in Meet ups. Lernangebote sollten vielfältig sein, da jeder Mensch auf andere Weise am besten lernt: autodidaktisch zum Beispiel mit Lernvideos, Trainingsangebote in Präsenz, CoP (Austauschmöglichkeiten). Sinnvoll ist auch ein Lernangebot vor dem nächsten gemeinsamen Program Increment (PI)-Planning, um bei allen Teammitgliedern zu einem bestimmten Thema einen Wissenstand herzustellen.

Vertrauen ist besser!

KH: Vertrauen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für Projekte – und zwar sowohl innerhalb des Teams als auch zwischen Mitarbeitern und Management. Ist Vertrauen in agil organisierten Teams noch wichtiger als in Wasserfall-Projekten?

IM: Ja, das ist es. Denn wir befinden uns im agilen Setting in permanenten Lernschlaufen bezogen auf die eigene Person, das Zusammenspiel im Team und bezogen auf Prozesse und Produkte. Wohingegen in Wasserfallprojekten jeder eng mit den Phasen verheiratet ist und als Rädchen mit gerader Außen-Kante, tendenziell als Einzelkämpfer, seinen Beitrag leistet. Dies könnte auch sequenziell stattfinden. Im agilen Team hingegen haben wir Zahnrädchen, die eng ineinandergreifen und im selben Takt funktionieren, sich in einem permanenten kontinuierlichen Verbesserungsprozess auf allen Ebenen befinden. Ohne gegenseitiges Vertrauen kann ein Team deshalb keine gute Gesamtleistung abliefern und auch nicht in den Flow gelangen.

KH: Sie unterscheiden in Ihrem Beitrag zwischen Management und Leadership. Worin besteht der Unterschied und warum ist er relevant?

IM: Der Wandel vom klassischen Management hin zum „Servant Leader“ Management ist ein extrem wichtiger Erfolgsfaktor.

Der:die klassische Manager:in wird häufig assoziiert mit Hierarchien, Machtspielen auf dem Rücken der Mitarbeiter und der Kunden, Willkür, Entscheidungsgewalt, Organisation und Controlling.

Der:die Servant Leader Manager:in bewegt sich am liebsten in flachen Hierarchien, da die Entscheidungsgewalt verteilt wurde, nämlich dorthin wo die Kompetenz und die Erfahrung liegen. Vieles können nun die Teams selbst entscheiden, da dort die entsprechende Expertise liegt. Strategische Entscheidungen beispielsweise über Budget-Töpfe, organisatorische unternehmensweite Anpassungen in Verbindung mit gesetzlichen Regularien und einiges andere wird im Management bleiben. Der Servant Leader motiviert und inspiriert die Mitarbeitenden, indem er die agilen Grundwerte vorlebt und an ihnen arbeitet.

Team-Kommunikation ist entscheidender Faktor

KH: Die direkte Kommunikation ist ein essenzieller Bestandteil in erfolgreichen agilen Teams. Wie passt diese Anforderung zusammen mit dem Trend zum mobilen Arbeiten und zu den (auch, aber nicht nur Corona-bedingten) virtuellen Meetings?

IM: Das mobile Arbeiten und ebenfalls ein großer Teil an virtuellen Meetings (auch Dailies, Retrospektiven et cetera) sind heute Standard geworden. Es muss heute genau abgewogen werden, welche Meetings und agile Praktiken in Präsenz, und welche remote stattfinden können.

Meiner Erfahrung nach sollte das PI-Planning, das alle drei bis sechs Monate stattfindet auf jeden Fall in Präsenz stattfinden (auch wenn es ein hoher Invest ist), da die Vorteile überwiegen.

KH: Agilität bedeutet für die Team-Mitglieder ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortlichkeit. Kann das jede:r lernen oder ist das nicht jedermanns Sache?

IM: Es wird immer Menschen geben die absolute Einzelkämpfer sind und im agilen Setting besser klar definierte „Einzellieferungen“ tätigen um zum Gesamterfolg aller Teams beizutragen. Anders ausgedrückt wird es auch immer den Typ Mensch geben, der einen klaren Auftrag braucht, um ihn dann strukturiert abzuarbeiten. Jeder Mitarbeiter sollte die Chance haben dort eingesetzt zu werden, wo er und sie ihre Stärken am besten zum Einsatz bringen kann.

Das Interview mit Iris Maier führte Dr. Katja Heumader für die TCI-Redaktion.

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Quelle Coverbild: © deagreez | Adobe Stock

Über den Autor

Iris Maier

Iris Maier

Als Agiler Coach, Trainer und Expertin für lebenslanges Lernen und hybrides Projektmanagement begleitet Iris Maier ihre Kunden in Change- und Transition-Projekten. Mit ihren umfangreichen Erfahrungen (IT und Führung) bringt sie in jedes Projekt viel Best Practice-Erfahrung mit.

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