Der „Obeya of Obeya“: Raum für schnelle Problemlösungen – Interview mit Eva Tolimir

Im Obeya of Obeya, dem „Raum der Räume“ kommen einmal wöchentlich alle an einem Projekt Beteiligten zusammen, um Probleme zu lösen und den aktuellen Projektstatus zu besprechen. Welche Vorteile das bietet, erläutert Eva Tolimir, Autorin des Beitrags „Transparenz – ein SAFe-Core Value in der Praxis. Der Obeya of Obeya in einem Großunternehmen“ (gemeinsam mit Isabell Kalnik), der im kürzlich erschienen Sammelband „Agilität in Unternehmen“ zu finden ist, im Interview.

Hinweis der Redaktion: Hier geht’s direkt zu Teil 1 dieses Interviews – Transparenz bedeutet Austausch auf Augenhöhe – Interview mit Eva Tolimir

Der Obeya of Obeya: Gesammelte Informationen in einem Raum

Katja Heumader: Obeya of Obeya bedeutet „Raum der Räume“. Was kann ich mir darunter konkret vorstellen? Einen physischen Raum?

ET: Genau, der Obeya of Obeya ist ein physischer Raum. Natürlich sind mit der Pandemie auch viele digitale Versionen entstanden. Wichtig beim Obeya of Obeya ist, dass alle Informationen, die es braucht, um den kompletten PLM-Prozess (PLM steht für Product Lifecycle Management, Anm. d. Red.) zu steuern, dort hängen und regelmäßig aktuell gehalten werden. Der Raum sollte auch groß genug sein, um dort viele Menschen und viele Visualisierungen zu versammeln. So ist sichergestellt, dass in einem Meeting wöchentlich alle informiert werden können, die informiert werden müssen.

KH: Welche Rolle spielt der Obeya of Obeya (OoO) für die Verwirklichung von Transparenz im Unternehmen?

ET: Der Obeya of Obeya ist der Raum, in dem – auf hoher Flughöhe – alle relevanten Informationen zusammenfließen, die für die Steuerung der PLM-Aktivitäten (Product Lifecycle Management-Aktivitäten, Anm. d. Red.) wichtig sind. Wenn ich also als Mitarbeiter:in in diesem Raum stehe, kann ich mir sehr schnell ein Bild davon machen, wo wir stehen und wo wir eventuell Schwierigkeiten haben. Einmal pro Woche kommen alle relevanten Personen im OoO zusammen und besprechen die Themen. So können bei Problemen auch schnell die richtigen Beteiligten beziehungsweise Ansprechpartner gefunden werden, um diese zu lösen. Und alle bekommen schnell mit, wie gut wir mit den Projekten und den Problemlösungen stehen.

KH: Der Obeya of Obeya dient also vor allem der kurzfristigen Lösung von Problemen und Beseitigung von Hindernissen. Wie wurden solche Themen angegangen, bevor es den OoO gab, und was ist das Positive an der Etablierung eines OoO in diesem Kontext?

ET: Da muss man unterscheiden. Ein Teil der Transparenz beruht darauf, die Probleme frühzeitig transparent zu machen. Das war früher eher personenabhängig. Und dann geht es noch darum, Probleme schnell zu bearbeiten. Natürlich wurden auch früher die Probleme angegangen, aber nicht unbedingt so stringent, so transparent und sie waren immer mit Zusatzaufwand verbunden. Dadurch, dass die Probleme hier regelmäßig mit allen relevanten Akteuren durchgesprochen werden, haben sie auch eine andere Relevanz und Dringlichkeit. Sie werden also schneller und nachhaltiger bearbeitet und gelöst. Zusätzlich fließen sie auch in die Gesamtpriorisierung ein und stehen damit nicht hinter den operativen Themen zurück.

Effektiveres Arbeiten durch transparente Priorisierung

KH: Wie kann der Obeya of Obeya zur Effektivitätssteigerung beitragen?

ET: Bei der Effektivitätssteigerung geht es ja darum, mehr vom Richtigen zu tun. Dabei kann der OoO zum Beispiel durch den dort etablierten Frontloading-Prozess dafür sorgen, die Auswahl zukünftiger Produkte auf solide Füße zu stellen. Auch die stringente Priorisierung aller Themen auf verschiedenen Levels trägt zur Effektivität bei. Diese Priorisierung ist auf einem hohen Level im OoO jederzeit zugänglich. An dieser Priorisierung kann sich so auch jeder im Rahmen seiner Aufgaben und Kompetenzen immer orientieren. Gleichzeitig stellt dieses Vorgehen sicher, dass jeder immer an den für ihn wichtigsten Themen arbeitet.

KH: Besonders bemerkenswert finde ich, dass die roten Karten in den Standup-Meetings, die die Hindernisse visualisieren, als „Schätze“ betrachtet werden. Können Sie das kurz erläutern?

ET: Gerne. Bei den roten Karten geht es ja darum, transparent zu machen, wo es hakt, wo ein Projekt nicht weiterkommt und so weiter. Dabei bieten diese roten Karten ja auch immer die Möglichkeit für ein Team, ein Projekt oder die Organisation, sich zu verbessern und weiterzuentwickeln. Wenn man davon ausgeht, dass zukünftig die Organisationen am erfolgreichsten sein werden, die am schnellsten das Richtige lernen, ist eine rote Karte genau die Gelegenheit, sich zu verbessern und damit die Zukunftsfähigkeit der Organisation zu sichern.

KH: Liebe Frau Tolimir, herzlichen Dank für Ihre interessanten Erläuterungen zum „Obeya of Obeya” und den damit verbunden Ideen.

Das Interview mit Eva Tolimir führte Dr. Katja Heumader für die TCI-Redaktion.

„Agilität in Unternehmen“: theoretisch fundiert und praxisnah

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Bild: © Springer Verlag

Im Fokus von „Agilität in Unternehmen“ steht die praktische Anwendung der Konzepte. Die Beiträger:innen des Sammelbandes decken dabei – neben der Einführung in die theoretischen Grundlagen – verschiedene Bereiche ab: Unternehmens- und Personalführung, Organisationsmanagement, Evaluation und Controlling, Entscheidungsverhalten, Rollen in Projekten sowie das Management von Geschäftsprozessen.

„Agilität in Unternehmen“ richtet sich an unternehmensinterne und -externe Praktiker:innen, für die Transformationsmanagement im Zentrum ihrer Aufgaben steht. Coaches, Business-Verantwortliche, Geschäftsführer:innen und andere Entscheidungsträger profitieren von den umfassenden Perspektiven des Sammelbandes ebenso wie Wissenschaftler:innen und Dozent:innen mit den Schwerpunktfächern Organisation, Agiles Management, Projektmanagement, Business Management, Change Management, Produktmanagement, Entwicklung, Prozessmanagement und Strategisches Management.

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Quelle Coverbild: © Bangkok Click Studio | Adobe Stock

 

 

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Eva Tolimir

Eva Tolimir

Seit 2019 ist Eva Tolimir als Partnerin Teil der Transformation Consulting International GmbH (TCI). Ihr Beratungsschwerpunkt sind Business Transformationen, digital agiles (Projekt-)Management (SAFe®), nachhaltige Organisationsentwicklung und Business Coaching. Eva Tolimir ist zertifizierte systemische Business Coach (dvct) und Trainerin sowie im Projektmanagement unter anderem PSM Scrum Master. Neben ihrer praktischen Coaching- und Beratungstätigkeit arbeitet Eva Tolimir an ihrer Dissertation zum Thema „Lebenszyklusorientierte Karriereplanung – ein Weg für Frauen bis in die Vorstandsetagen?“.

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