Digitale Transformation und Agiles Projektmanagement: Wie passt das zusammen? Interview mit Stefan Gyarfas

Stefan Gyarfas

Stefan Gyarfas

31. Januar 2019

Digitale Transformation, agiles Projektmanagement und agile Methoden: Manche Schlagwörter scheinen überall zu sein. Doch was zeichnet all diese Dinge eigentlich aus? Wir haben dazu mit Stefan Gyarfas gesprochen. Als Experte für Veränderung und Performance Management verfügt er über umfangreiche Erfahrungen in diesen Bereichen. Er selbst bezeichnet sich als „International Agile Project Manager“ und gewährt im Interview einen Einblick in seine Perspektive auf Transformationen in der Praxis.

Substanziell, nachhaltig, unumkehrbar: Wie Transformationen gelingen

Schönen guten Tag Herr Gyarfas, wie sind Sie „International Agile Project Manager“ geworden?

Ebenfalls einen schönen Tag, und vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview! International bin ich bereits von Geburt an, als Sohn einer Deutschen und eines Ungarn, die sich in Brasilien kennengelernt haben. Dort in Brasilien habe ich bis meinem 27. Lebensjahr auch gelebt, danach ging es nach Deutschland, später in die USA, und auch mal ein Jahr nach Frankreich. Agil geprägt bin ich nicht nur durch meine brasilianische Heimat, sondern auch durch meinen Werdegang und von vielen Veränderungssituationen, und nicht zuletzt habe ich mich in agilen Methoden professionell qualifiziert. Last not least habe ich vor über 20 Jahren begonnen, Projekte zu leiten, und konnte das nicht mehr loslassen…

Nun eine ganz grundlegende Frage vorab, bevor wir ins Thema einsteigen: Was bedeutet eigentlich Transformation?

Transformation ist eine deutliche, gravierende Veränderung. Passend empfinde ich den Vergleich zur Metamorphose. Sie wird definiert als eine profunde, also tiefe, inhaltsschwere Veränderung in Form. Im wirtschaftlichen Kontext geht es also um eine signifikante Veränderung, die einen bisherigen Zustand „A“ substanziell, nachhaltig und unumkehrbar in einen neuen Zustand „B“ umwandelt. Damit verbunden ist die Zielsetzung, dass in wirtschaftlichen Messkriterien wie Umsatz, Rendite oder Marktposition die Organisation, die transformiert wird, dauerhaft besser dasteht als ohne diese Transformation.

Ein kurzer Blick ins Internet erzeugt schnell den Eindruck, dass der Begriff geradezu inflationär verwendet wird. Was macht eine Transformation digital?

Transformation selbst ist nicht zwingend digital. Sie wird dann digital, wenn sie ursächlich mit digitalen Technologien verbunden ist. Durch die inzwischen erreichte technische und wirtschaftliche Reife dieser Technologien sind Transformationen von Arbeitsweisen, Prozessen, Kundeninteraktionen, Lieferantenbeziehungen, oder gar von kompletten Modellen der Führung von Geschäften, erfolgreich durchführbar geworden. Zusätzlich zur Machbarkeit solcher Projekte ergeben sich durch die Nutzung von digitalen Technologien enorme zusätzliche Möglichkeiten, zum Beispiel in der Ausweitung von Geschäften in neue Märkte. Diese „Zusatzeffekte“ sind zum „Turbo“ der digitalen Projekte geworden, und deshalb ist das Wort in aller Munde.

Was würden Sie sagen: Wie viel Agilität brauchen Transformationen wirklich?

Es kommt darauf an, was mit welchem Ziel transformiert wird. Wenn man bestehende Prozesse mit den digitalen Möglichkeiten effizienter machen möchte, dann ist das heute ziemlich genau plan- und durchführbar. Da kann zu viel Agilität auch kontraproduktiv sein. Die meisten Initiativen wollen aber die noch weniger konkreten und voraussehbaren Chancen, die mit digitalen Technologien verbunden werden, ebenfalls realisieren. Hier geht man in unbekannte Gewässer und muss mit viel Ungewissheit umgehen. Dann ist Agilität notwendig und die Anwendung von Methoden der agilen Projektrealisierung sehr zielführend.

Werden wir ein wenig spezifischer: Wie funktioniert der Agilometer von Prince2 Agile?

Der Agilometer ist ein sehr relevantes Werkzeug der Prince2 Agile-Methodik. Er ermöglicht, den Grad der Agilität anhand von sechs Kriterien zu einem gewissen Zeitpunkt festzustellen. Dies wird eingesetzt, um das Risiko des agilen Arbeitens in einem Projekt zu erkennen. Die einzelnen Kriterien werden vom Projektkunden selbst bewertet. Ein Beispiel für eines dieser Kriterien ist die Bereitschaft, flexibel mit den Arbeitsergebnissen des Projektes umzugehen. Ist diese Bereitschaft eher gering (was nicht untypisch wäre), das Projekt umfasst aber viele unbekannte Elemente, deutet diese Bewertung auf ein Risiko hin, welches mit passenden Maßnahmen minimiert wird.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die hauptsächlichen kritischen Erfolgsvoraussetzungen für jede digitale Transformation?

So paradox das klingt, an erster Stelle steht ein möglichst glasklarer Projektauftrag. Erst dann folgen die Sicherstellung eines einheitlichen Verständnisses von Agilität sowie der anzuwendenden Methode (wie zum Beispiel Scrum oder Prince2 Agile), realisiert durch Trainings beziehungsweise Workshops. Ein weiteres erfolgskritisches Element ist die Schaffung einer agilen „Kultur“, die von den wesentlichen Beteiligten angenommen wird. Grundlage hierzu können die Prinzipien des Agilen Manifests sein, diese müssen vermittelt und verinnerlicht werden. Last but not least ist die frühzeitige, ständige und vertrauensvolle Einbindung des Kunden in das agile Projekt Conditio sine qua non.

Vielen Dank, Herr Gyarfas, für diese interessanten Ausführungen über dieses hochaktuelle Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Das Interview mit Stefan Gyarfas führte die TCI Redaktion.

(Coverbild: © REDPIXEL| Fotolia)

Über den Autor

Stefan Gyarfas

Stefan Gyarfas

Stefan Gyarfas hat über 20 Jahre Projekterfahrung bei großen Transformationen im internationalen Kontext. Bereits Ende der 90er Jahre hat er globale e-Business-Projekte geleitet. Der Executive MBA ist zudem Scrum Master, zertifizierter Prince2 Agile-Experte und Dozent.

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