Transformation der Unternehmenssteuerung: Dezentraler, interaktiver, flexibler

Frank Ahlrichs

Frank Ahlrichs

4. Juni 2021

Unternehmenssteuerung in Unternehmenssilos? – das war einmal. Die Transformation der Unternehmenssteuerung geht hin zu mehr Akteuren, die nicht unbedingt Teil des Unternehmens sein müssen. Im Vordergrund steht dabei, Steuerung effektiver zu machen sowie Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse konsequent auf die Bedürfnisse des Kunden auszurichten. Was die Transformation der Unternehmenssteuerung für die Firmen bedeutet und wo die größten Herausforderungen liegen, schildert Frank Ahlrichs, Autor des Beitrags „Die Transformation der Unternehmenssteuerung in zunehmend dezentralen Unternehmen“ im zweiten Sammelband zum Enterprise Transformation Cycle, im TCI-Interview.

Anmerkung der TCI-Redaktion: Lesen Sie auch Teil 1 des Interviews mit Frank Ahlrichs: „Unternehmenssteuerung heute: Herausforderungen in einer dezentralen Welt“

Transformation der Unternehmenssteuerung: Stakeholder müssen einbezogen werden

Beate Greisel: Die Kundenorientierung ist ein maßgeblicher Faktor für die Dezentralisierung von Unternehmensstrukturen, beispielsweise um die Bearbeitungszeit für Kundenanfragen zu reduzieren. Was ist Ihre Einschätzung: An welchem Punkt stehen die Unternehmen in Deutschland in dieser Hinsicht?

Frank Ahlrichs: Wenn man die Manager fragte, wären alle Unternehmen selbstverständlich sehr kundenorientiert. Aber ein wirklich tiefes Verständnis davon, wofür der Kunde unser Produkt braucht und was wir tun können, um ihm eine bestmögliche Leistung zur optimalen Zeit zu liefern, ist wohl nur bei einem sehr kleinen Teil der Unternehmen vorhanden. Die Nutzung von Methoden wie die Customer Journey-Analyse oder das Value Proposition Design ist in der Unternehmenssteuerung noch kaum vorhanden.

BG: Die Transformation der Unternehmenssteuerung betrifft nicht nur interne Faktoren, sondern auch externe, wie etwa die Beziehungen zu Kunden, Lieferanten, anderen Marktakteuren et cetera. Inwiefern verändern sich diese Beziehungen durch eine Dezentralisierung der Unternehmenssteuerung?

FA: Ich hatte im ersten Teil unseres Interviews bereits geschildert, dass die Integration der Stakeholder, also zum Beispiel Kunden, Lieferanten, aber auch Mitarbeiter in die Steuerung des Unternehmens eine fundamentale Veränderung bewirkt. Dass man auch etwas außerhalb der Unternehmensgrenzen steuern kann und dass man zum Beispiel Kunden erlaubt, bei der Gestaltung des Produktportfolios oder des Working Capitals aktiv mitzuwirken, ist für viele Unternehmen noch undenkbar.

Wir werden also beispielsweise mit den Lieferanten und deren Lieferanten gemeinsam die Lieferkette beziehungsweise das Liefernetz steuern und die Rationalisierungseffekte fair verteilen anstatt Lieferanten zu unserem Vorteil quasi auszupressen.

Neuer Fokus: Geschäftsprozesse im Mittelpunkt

BG: Wie können interne Arbeitsorganisation, Strukturen und die Kooperation zwischen Teams und den verschiedenen Ab-Teilungen darauf reagieren?

FA: Endlich wird das von mir schon so lange propagierte Fokussieren auf die Geschäftsprozesse, auf die Wertströme gegenüber der Steuerung von organisatorischen Silos (Ab-Teilungen) dominieren.

Diese Wertschöpfung transparent zu machen und diese Prozesse End-to-End zu steuern, wird die zentrale Aufgabe einer Transformation der Unternehmenssteuerung sein.

Da die Effektivität („die richtigen Dinge tun“) gegenüber der Effizienz („die Dinge richtig tun“) als Steuerungsziel dominieren wird, werden Organisationen wesentlich flacher und durchlässiger, also auf die Wertströme angepasst. Das hat unter anderem zur Folge, dass Fachabteilungen aufgelöst werden zugunsten cross-funktionaler Teams.

BG: Worauf gilt es bei so fundamentalen Veränderungen, die jede Ebene eines Unternehmens betreffen, besonders zu achten?

FA: Wenn die klassische Steuerung reduziert oder sogar abgeschafft wird, muss an deren Stelle ein gemeinsames Wertesystem treten, also eine gemeinsame Vision und Strategie sowie die oben genannten Prinzipien. Und der fundamentale Wandel von Managern hin zu Führungskräften muss vollzogen werden.

Ansonsten droht ein Unternehmen in Anarchie zu versinken, weil die Mitarbeiter die bisher gewohnte Anleitung nicht mehr haben.

Dieser Wandel geht oft nur Schritt für Schritt.

ETC als Werkzeug für ganzheitliche Transformation der Unternehmenssteuerung

BG: Inwiefern kann der Enterprise Transformation Cycle (ETC) einen wertvollen Beitrag leisten, diesen Herausforderungen bestmöglich zu begegnen?

FA: Der ETC ist eine wundervolle Grundlage für eine ganzheitliche Transformation. Er sorgt dafür, dass es keine Teil-Optimierungen oder Insellösungen gibt, sondern dass alle wesentlichen Handlungsfelder angemessen betrachtet werden.

Insofern ist der ETC ein Muss für eine erfolgreiche Transformation der Unternehmenssteuerung, die auch in der immer dynamischeren Zeit das Unternehmen erfolgreich hält.

BG: Lieber Herr Ahlrichs, ich danke Ihnen sehr für dieses interessante Gespräch.

Das Interview mit Frank Ahlrichs führte Beate Greisel für die TCI-Redaktion.

„Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ – erschienen August 2020

Die Transformation Consulting International begleitet seit vielen Jahren national und international Transformationsprojekte in Unternehmen. Basierend auf diesem umfangreichen Erfahrungsschatz zur praktischen Umsetzung ist nach dem ersten Band „Der Enterprise Transformation Cycle“ der zweite Band mit dem Titel „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern: Projekte erfolgreich planen, durchführen und abschließen“ im renommierten Springer-Verlag erschienen. Als Weiterführung zum ersten Band berücksichtigt dieser weitere Wünsche und Anregungen von Lesenden und legt konkrete Transformationsprojekte und Handlungssituationen von Expert*innen der TCI in ihrer täglichen Anwendung des ETC dar. Dieser wurde herausgegeben dieser von Mario A. Pfannstiel und Peter F.-J. Steinhoff und umfasst gut 500 Seiten. Darin finden Sie zahlreiche theoretisch-konzeptionelle Beiträgen sowie Fallbeispiele aus der Praxis zum „Enterprise Transformation Cycle“.

Quelle Coverbild: © tomertu | Adobe Stock

Über den Autor

Frank Ahlrichs

Frank Ahlrichs

Frank Ahlrichs ist Partner der TCI, zertifizierter SAFe Program Consultant, Autor und Spezialist für die Themen Prozessmanagement, Controlling und Innovationsmanagement. Er ist seit 20+ Jahren in diversen Unternehmen in Interims- und Projektaufgaben in der Gestaltung rationeller Organisationen tätig.

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