Der Digitalisierungsindex 2021 zeigt, dass die Regionen Deutschlands in Sachen Digitalisierung einerseits einen unterschiedlichen Status haben und andererseits auch unterschiedliche Fortschritte gemacht haben. Während die Bundeslandgruppe Süd mit Bayern und Baden-Württemberg nach wie vor die Spitzenposition einnimmt, bildet die Bundeslandgruppe Ost mit Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin unverändert das Schlusslicht. Wo liegen die Ursachen dieser regionalen Unterschiede?
Aspekte der Digitalisierung
Der Digitalisierungsindex untersucht die unterschiedlichen Fortschritte der Digitalisierung in den einzelnen Branchen und Regionen in Deutschland und wird künftig einmal jährlich veröffentlicht. Dabei konzentriert er sich auf die Aspekte
- Prozesse
- Geschäftsmodelle
- Forschungs- und Innovationsaktivitäten
- Produkte
- Qualifizierung
- Innovationslandschaft
- technische Infrastruktur
- Gesellschaft
- Humankapital
Der Digitalisierungsindex erfasst damit zum einen unternehmensinterne Merkmale (Prozesse, Geschäftsmodelle, Produkte, Forschungs- und Innovationsaktivitäten), zum anderen die Rahmenbedingungen (Qualifizierung, Innovationslandschaft, technische Infrastruktur). Beides zusammen hat Einfluss auf den digitalen Reifegrad.
Den vielfach konstatierten Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie konnte der Index allenfalls in der Kategorie „Prozesse“ feststellen; je nach Branche fielen die Ergebnisse jedoch sehr unterschiedlich aus.
Digitalisierungsindex: Die regionalen Unterschiede
Neben unterschiedlichen Branchenergebnissen zeigen sich auch regionale Unterschiede in Sachen Digitalisierung.
Spitzenreiter Süd – wo schneiden Bayern und Baden-Württemberg besonders gut ab?
Die beiden südlichen Bundesländer sind die unveränderten Spitzenreiter beim Thema Digitalisierung. Auch 2021 konnten sie diese Position weiter ausbauen – und zwar sowohl hinsichtlich des digitalen Reifegrades der Unternehmen als auch in Bezug auf die Rahmenbedingungen. Insbesondere die technische Infrastruktur hat sich im vergangenen Jahr stark verbessert. Hinzu kommt eine außerordentliche Aktivität in Bezug auf Forschung und Innovation, die in den Unternehmen stattgefunden hat. Die beiden stark industriell geprägten Bundesländer (Automobilindustrie, Maschinenbau) sind damit große Schritte vorangegangen.
Bundeslandgruppe West auf Platz zwei
Auch die westlichen Bundesländer Hessen, NRW, Rheinland-Pfalz und das Saarland machen eine Sprung nach vorne – aber keinen so großen wie die Länder des Südens. Insbesondere beim Ausbau der technischen Infrastruktur, aber auch bei Prozessen und Produkten geht es einen großen Schritt voran. Aufholbedarf gibt es hingegen beim Thema Innovationen und der zugehörigen Innovationslandschaft.
Starke technische Infrastruktur im Norden
Trotz geringer Bevölkerungsdichte und Zersiedelung kann sich Norddeutschland einer besonders guten technischen Infrastruktur rühmen, die im vergangenen Jahr zudem noch weiter ausgebaut wurde. Ähnlich wie im Westen ist auch hier das Ergebnis bei der Forschungs- und Innovationsaktivitäten unterdurchschnittlich; die Innovationslandschaft allerdings schneidet etwas besser ab. Geschäftsmodelle, Gesellschaft und Humankapital sind Bereiche, in denen der Norden mit den anderen Bundesländern durchaus konkurrieren kann.
Schlusslicht Ost
Lediglich in drei Punkten erreicht der Osten durchschnittliche bis überdurchschnittliche Werte: Produkte, technische Infrastruktur und Innovationslandschaft. In allen anderen Bereichen der Digitalisierung bleiben die östlichen Bundesländer Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin hinter den anderen Bundesländern zurück. Auch der Gesamtanstieg des Digitalisierungsindexes fällt mit gerade einmal 4,1 Prozentpunkten geringer aus als bei den anderen Bundesländern, die allesamt Anstiege zwischen 15 und fast 18 Prozentpunkten erreichen.
Mögliche Ursachen für die regionalen Unterschiede
Der Digitalisierungsindex 2021 trifft keine Aussagen über die Ursachen für die regionalen Unterschiede. Doch aus den Daten, die er zur Verfügung stellt, lassen sich einige plausible Thesen ableiten.
Finanzielle Ausstattung
So ist Digitalisierung vor allem eine finanzielle Frage. Zwar wurde die technische Infrastruktur in allen Regionen ausgebaut, aber trotzdem bleiben gravierende Unterschiede – insbesondere zwischen dem reichen Süden, der sich an der Spitze behauptet, und dem finanziell eher mager ausgestatteten Osten, der nach wie vor das Schlusslicht bildet.
Digitales Mindset
Zudem scheint es so zu sein, dass Digitalisierung exponentiell ansteigt: Der Süden, der ohnehin schon die beste Position einnimmt, konnte auch den stärksten Zuwachs an Digitalisierung insgesamt verzeichnen. Ist also einmal der Anschub geschafft, steigt die Geschwindigkeit der Digitalisierung immer weiter an. Das könnte im entsprechenden Mindset begründet sein: Digitalisierung ist bekanntermaßen zu einem großen Teil auch Einstellungssache. Ist dieses Mindset erst einmal bei den Verantwortlichen in Politik und Unternehmen vorhanden, dann treiben sie die Digitalisierung auch weiter voran.
Innovation entscheidend
Im Vergleich der Bundeslandgruppen fällt auf, dass der Süden als einzige Bundeslandgruppe bei den Forschungs- und Innovationsaktivitäten überdurchschnittliche Werte erzielt. Gleichzeitig sind die Forschungs- und Innovationsaktivitäten auch der Wert, bei dem der Süden von allen Aspekten am besten abschneidet. Aufgrund dieser hohen Aktivität mit sehr guten Ergebnissen ist es dem Süden als industriell geprägter Region den Spitzenplatz in Sachen Digitalisierung einzunehmen.
To Dos in Sachen Digitalisierung
Diese Thesen sind natürlich nur Vermutungen, die es wissenschaftlich zu untersuchen gilt. Jedoch zeigen die Daten, dass die getroffenen Annahmen durchaus plausibel sind. Insgesamt sollten sowohl Unternehmen als auch der Staat wohl künftig in Innovationen und eine fruchtbare Innovationslandschaft investieren, um die Digitalisierung weiter voranzutreiben.
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