Mit dem perse-Ansatz hat Uwe Fischer einen Transformationsansatz speziell für KMU entwickelt. Der perse-Ansatz bietet ein pragmatisches Vorgehen, das die Gestaltungsspielräume der Betroffenen erhöht – und damit für mehr Akzeptanz sorgt. Wodurch sich der perse-Ansatz auszeichnet und warum er besonders für KMU geeignet ist, zeigt er im Interview.
Anmerkung der TCI-Redaktion: Hier geht es direkt zu Teil Eins des Interviews – „Transformationen in KMU betreffen das ganze Unternehmen“ – Interview mit Uwe Fischer
Transformationsprojekte: Mehr Gestaltungsmöglichkeiten – größere Akzeptanz
KHE: Für Transformationsprozesse in KMU haben Sie den perse-Ansatz entwickelt. Worin liegen die Vorteile dieses Ansatzes?
UFI: Der perse-Ansatz kombiniert geeignete und auf individuelle Bedarfe adaptierte Techniken im Rahmen des ETC. Die dogmatische Umsetzung aktueller Mode-Hypes lehnen wir ab. Dadurch haben die im Unternehmen Betroffenen deutlich größere Möglichkeiten, sich innerhalb des Gestaltungsspielraumes einzubringen. Auch wenn dadurch nicht alle „Wunschergebnisse“ zustande kommen, erhöht dieses Vorgehen die Akzeptanz, insbesondere bei der Veränderung persönlicher Verhaltensweisen.
Zwei Zitate bzw. Ideen von Antoine de Saint-Exupéry bringen den Kern des perse-Ansatzes gut auf den Punkt: „Perfektion ist nicht erreicht, wenn nichts mehr hinzugefügt werden kann, sondern wenn nichts mehr weggelassen werden kann.“ Und: „Die Kunst der kleinen Schritte“.
Im perse-Ansatz geht es damit auch um die Gestaltung der Transformation selbst: Die Perfektion anstreben, aber auch die Kunst der kleinen Schritte leben. Heißt: sichtbare Veränderung – wenn auch im Kleinen – wirkt stärker als plakative Versprechungen für den Wandel im Großen. Vor allem wenn die kleinen Schritte operationalisiert, also zur gelebten Gewohnheit im Tagesgeschäft, werden.
Und zuletzt noch ein aus meiner Sicht entscheidender Vorteil des Ansatzes: Er ermöglicht ganz viel Menschlichkeit und baut nicht auf rein kognitive Analyse- und Syntheseverfahren. Verständnis für menschliche Unzulänglichkeiten auf der einen und das Aufzeigen gangbarer Wege auf der anderen Seite sind entscheidende Elemente.
Lean Management hilft, knappe Ressourcen zu sparen
KHE: Sie plädieren für den Einsatz leaner und agiler Methoden im Transformationsmanagement. Worin liegen – insbesondere für KMU – die Vorteile?
UFI: KMU sind noch viel mehr als Konzerne darauf angewiesen, ihre Ressourcen klug einzusetzen. Das heißt keine Verschwendung („lean“) und nur Dinge tun, die wirkliche bestehende oder zukünftige Bedarfe befriedigen („agil“). In diesem Kontext bedeutet das z. B. Selbstorganisation statt Abarbeiten inhaltlicher Vorgaben einer Führungskraft, Fokussierung auf ein nutzbringendes Produkt als Ergebnis statt dem Erledigen von Aufgaben mit nachträglicher Ergebnisüberprüfung und Transparenz der Planung statt punktuellen Status-Berichterstattungen.
KHE: Welchen Mehrwert kann der Enterprise-Transformation Cycle (ETC) diesen Methoden noch hinzufügen?
UFI: Der perse-Ansatz kombiniert leane und agile Techniken im Rahmen des ETC. Ich sehe den ETC als Rahmen, d.h. „Grundmethode“. Er hilft mir, keine Dimension zu vergessen und von Anfang an die Einbindung, Beteiligung und „Mitnahme“ der Menschen mitzudenken.
In meiner Praxis höre ich oft von Transformationsversuchen, in deren Verlauf immer wieder Missverständnisse und Verständnislücken das Vorgehen zeitlich und zwischenmenschlich belasten. Der ETC macht Transformation begreifbar in der Kommunikation aller Beteiligten und Betroffenen als gemeinsam verstandenes Leitbild zum Vorgehen. Damit werden auch verständliche Begrifflichkeiten vermittelt und geschärft.
KHE: Gilt heutzutage „Nach der Transformation ist vor der Transformation“? Und wie können KMU mit dieser Herausforderung umgehen?
UFI: Die schnellere Reaktionsfähigkeit war lange Zeit einer der Vorteile von KMU. In den vergangenen Jahren ist dieser jedoch schwächer geworden, da KMU versucht haben, Muster der Großkonzerne zu kopieren. Gleichzeitig haben die großen Unternehmen mit Innovation-Hubs, Inkubatoren-Ansätzen, internen Start-ups und Ähnlichem an Innovationsgeschwindigkeit zugelegt. Das betraf allerdings meist nur die Themen Technologie und, schon weniger oft, die Geschäftsmodelle. Der Faktor Mensch blieb dabei genauso häufig auf der Strecke wie vorher. Hier sehe ich einen klaren Vorteil für die KMU: schnellere Anpassungsfähigkeit, bessere Einbindung der Menschen, klarere Vermittlung des Warums und der Vision, die hinter der Transformation stehen.
Lieber Herr Fischer, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses spannende Interview.
Das Interview mit Uwe Fischer führte Dr. Katja Heumader für die TCI-Redaktion.
„Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ – erschienen August 2020
Die Transformation Consulting International begleitet seit vielen Jahren national und international Transformationsprojekte in Unternehmen. Basierend auf diesem umfangreichen Erfahrungsschatz zur praktischen Umsetzung ist nach dem ersten Band „Der Enterprise Transformation Cycle“ der zweite Band mit dem Titel „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern: Projekte erfolgreich planen, durchführen und abschließen“ im renommierten Springer-Verlag erschienen. Als Weiterführung zum ersten Band berücksichtigt dieser Wünsche und Anregungen von Lesenden und legt konkrete Transformationsprojekte und Handlungssituationen von Expert*innen der TCI in ihrer täglichen Anwendung des ETC dar. Herausgeber des über 500-seitigen Bandes sind Mario A. Pfannstiel und Peter F.-J. Steinhoff. Sie finden darin zahlreiche theoretisch-konzeptionelle Beiträge sowie Fallbeispiele aus der Praxis zum „Enterprise Transformation Cycle“.
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