Erfolgsfaktor Kommunikation im Change-Management – Interview mit Benjamin Steinegger und Peter Steinhoff

Peter Steinhoff

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25. Juni 2021

Wandel in Gesellschaft und Wirtschaft sorgt für Wandel in den Unternehmen. Doch viele Change-Projekte scheitern – auch am Widerstand der Mitarbeiter. In ihrem Beitrag „Der Erfolgsfaktor Kommunikation“ im Sammelband „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ erklären Benjamin Steinegger und Peter Steinhoff, warum Kommunikation so wichtig ist. Einen ersten Einblick geben die beiden Beitragsautoren im Interview.

Change Projekte: „Gefühl der Dringlichkeit muss gegeben sein“

Beate Greisel: Seit der Jahrtausendwende wurden und werden deutlich mehr Change Management-Maßnahmen in den Unternehmen aller Branchen durchgeführt. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?

Benjamin Steinegger: Für mich gehört das dynamische Marktverhalten zu den elementaren Faktoren, welches den gesteigerten Transformationsbedarf der Unternehmen begründet. Bei jeder Transformation ist Change Management ein wichtiger Bestandteil, denn ein Unternehmen kann sich nur verändern, sofern die Mitarbeiter engaged sind und sich committed fühlen.

Peter Steinhoff: Das Veränderungstempo in Gesellschaft, Politik und in den Unternehmen hat sich in den letzten Jahren dramatisch gesteigert. Viele Unternehmen, die bis vor kurzem noch sehr erfolgreich am Markt waren, sind in atemberaubendem Tempo in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Digitalisierung, Globalisierung und viele weitere Megatrends bedingen ein konsequentes Umdenken in den Unternehmen, um auch weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können.

BG: Und warum scheitert die Mehrheit dieser Change-Projekte aus Ihrer Sicht?

BS: Change Projekte scheitern, weil Mitarbeiter den Sinn eines Veränderungsvorhabens oft nicht ausreichend erklärt bekommen. Sie verstehen das „Warum“ nicht. Es handelt sich also um ein Kommunikationsproblem.

PS: Da gibt es unzählige Gründe, aber lassen Sie uns über die Erfolgsfaktoren sprechen. Change funktioniert dann am besten, wenn die Notwendigkeit zur Veränderung und damit ein Gefühl für die Dringlichkeit gegeben ist. Das hat die Corona-Pandemie gut gezeigt: Auf einmal wurde die Digitalisierung der Zusammenarbeit unglaublich relevant. Über Nacht wurden die Bedenken über Bord geworfen. Darüber hinaus gibt es noch eine Menge anderer Erfolgsfaktoren, wie der unbedingte Wille der Führung, ein klares Change-Ziel sowie ein konsequentes Dranbleiben an der Veränderung. Das alles muss auf die Unternehmenskultur abgestimmt sein. Dazu gibt es im Buch wertvolle Hinweise.

Kommunikation muss Sinn vermitteln

BG: Sie beide haben einen gemeinsamen Beitrag im zweiten ETC-Band dem Thema „Der Erfolgsfaktor Kommunikation“ im Hinblick auf Change-Projekte gewidmet. Wie würden Sie zunächst in kurzen Worten zusammenfassen, welche Rolle die Kommunikation für einen erfolgreichen Wandel spielt?

PS: Veränderung funktioniert nur dann, wenn auch alle mitmachen. Dafür muss ich die Beteiligten von der Sinnhaftigkeit der Veränderung überzeugen. Die Mitarbeiter müssen das Vorhaben sowohl durch ihren Standpunkt als auch durch ihr Verhalten unterstützen. Dazu ist es zwingend notwendig, dass sie genau verstehen, welche Art von Veränderung aus welchen Gründen nötig ist, wie genau sie erreicht werden soll und wer dafür verantwortlich ist. Damit das gelingt, muss ich kommunizieren und nochmal kommunizieren.

BS: Kommunikation ist meines Erachtens der Kern von Change-Projekten. Doch selbst wenn es nicht um Change-Projekte geht, habe ich festgestellt, dass Kommunikation ein Erfolgsfaktor während meiner Tätigkeiten sein kann. Falsch oder nicht verstandene Botschaften beziehungsweise Inhalte können den Arbeitsablauf stören und den Projekterfolg gefährden.

BG: Dieses Schlüsselelement bezeichnen Sie in Ihrem Beitrag als „Change-Kommunikation“. Was zeichnet Change-Kommunikation aus und wie kann diese auf die konkreten Pain Points antworten, mit denen das Unternehmen zu kämpfen hat?

BS: Bei Veränderungsvorhaben ist es in der Praxis gängig, dass es erstmal einen „Aufschrei“ gibt und die Menschen nicht verstehen „wollen“, warum ein Change notwendig ist. Um das Problem zu lösen, ist es erforderlich, die richtige Botschaft mit den richtigen Inhalten an die richtige Zielgruppe zu übermitteln. Dies geschieht über bestimmte Kommunikationswege und sorgt dafür, dass Menschen mitgenommen werden.

PS: Eine gute Kommunikation überzeugt in ihrer Einfachheit, sie benutzt Bilder, Vergleiche und Beispiele. Kommunikation braucht auch Wiederholungen, einen Dialog und nicht nur die einseitige Vermittlung von Inhalten. Das wichtigste ist aber, dass die Veränderungen durch Persönlichkeiten im Unternehmen vorgelebt werden und mit den kommunizierten Botschaften übereinstimmen. Sie müssen tun was sie sagen. Wenn das nicht funktioniert, können sie kommunizieren was sie wollen. Die Mitarbeiter durchschauen das sofort.

Kommunikation an Stakeholder anpassen

BG: An Change-Prozessen sind verschiedene Stakeholder beteiligt beziehungsweise von den Veränderungen betroffen. Muss die Kommunikation an die jeweilige Stakeholder-Gruppe – also zum Beispiel Mitarbeiter, mittleres Management, Geschäftspartner – angepasst werden? Wie?

BS: Ja, die Kommunikation muss zielgerichtet angepasst werden, da jeder Stakeholder andere Interessen in einem Transformationsvorhaben verfolgt. Das mittlere Management braucht eine Berichterstattung des Change-Projekts, während Mitarbeiter einen Motivationsschub für die Veränderung brauchen, vorausgesetzt sie sind die Key Stakeholder der Veränderung. Um Transparenz für die Stakeholder zu schaffen, nimmt man zuallererst alle Stakeholder auf. Dies geschieht durch eine Stakeholderanalyse. Im Anschluss sollten alle Stakeholder gruppiert und priorisiert werden. Dafür gibt es in der Theorie eine sehr effiziente Power-Interest-Matrix, die aufzeigt, bei welchen Stakeholdern wie eng kommuniziert werden sollte. Daraus kann man Kommunikationswege sowie Intervalle ableiten.

PS: Darüber hinaus ist es wichtig, die Kommunikation an den unterschiedlichen Persönlichkeiten der Stakeholder auszurichten. Aufbauend auf den Lerntypen von Schrader haben wir sechs Kommunikationstypen entwickelt, die jeweils eine differenzierte Art von Kommunikation benötigen respektive erwarten.

Da ist einmal der Nerd, der sehr hohe Anforderungen an die Kommunikation und einen hohen Informationsbedarf hat. Die Anforderungen des Pragmatikers an die Kommunikation sind nicht sehr hoch, seine Akzeptanz von Veränderungen ist eher geringer. Er kann aber zum Beispiel über Belohnungen motiviert werden. Ein Kommunikationstyp, der immer häufiger in den Unternehmen anzutreffen ist, ist der Verweigerer. Seine Akzeptanz zur Veränderung ist nicht vorhanden. Er kann durch normale Kommunikation kaum erreicht werden.

BG: Herr Steinegger, Herr Steinhoff, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Benjamin Steinegger und Peter Steinhoff führte Beate Greisel für die TCI-Redaktion.

„Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern“ – erschienen August 2020

Die Transformation Consulting International begleitet seit vielen Jahren national und international Transformationsprojekte in Unternehmen. Basierend auf diesem umfangreichen Erfahrungsschatz zur praktischen Umsetzung ist nach dem ersten Band „Der Enterprise Transformation Cycle“ der zweite Band mit dem Titel „Transformationsvorhaben mit dem Enterprise Transformation Cycle meistern: Projekte erfolgreich planen, durchführen und abschließen“ im renommierten Springer-Verlag erschienen. Als Weiterführung zum ersten Band berücksichtigt dieser weitere Wünsche und Anregungen von Lesenden und legt konkrete Transformationsprojekte und Handlungssituationen von Expert*innen der TCI in ihrer täglichen Anwendung des ETC dar. Herausgeber des über 500-seitigen Bandes sind Mario A. Pfannstiel und Peter F.-J. Steinhoff. Sie finden darin zahlreiche theoretisch-konzeptionelle Beiträge sowie Fallbeispiele aus der Praxis zum „Enterprise Transformation Cycle“.

Quelle Coverbild: © fizkes | Adobe Stock

Über den Autor

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Prof. Dr. Peter Steinhoff ist Managing Partner der TCI Transformation Consulting International GmbH und Experte für Business Transformation im CFO- und CIO-Bereich. Zudem ist er Professor für Betriebswirtschaftslehre und als Speaker und Autor aktiv.

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