Wie Robotic Process Automation die Prozesse der betrieblichen Altersversorgung beflügelt

Peter Steinhoff

Peter Steinhoff

24. August 2018

Die Arbeitswelt wird immer stärker durch die zunehmende Digitalisierung beeinflusst beziehungsweise verändert. In diesem Zusammenhang spielt auch die Automatisierung von Prozessen durch Roboter (Robotic Process Automation, kurz: RPA) eine wichtige Rolle. Dieser Aspekt ist vor allem unter dem Gesichtspunkt der Zeitersparnis und Effizienzsteigerung in einer immer schneller werdenden Arbeitswelt von Bedeutung. Aber auch der Fachkräftemangel ist hier ein Thema. Wenn durch Softwareroboter Mitarbeiter und Fachkräfte bei Routineprozessen entlastet werden, können diese Ressourcen für andere Tätigkeiten eingesetzt werden. Auch für die Routineprozesse im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung kann RPA Vorteile mit sich bringen. Wie die Analyse anhand eines Beispiels zeigt, können dadurch bei Verrentungsprozessen sowohl Zeit als auch Kosten gespart werden.

Was ist Robotic Process Automation (RPA)?

Unter RPA versteht man die Automatisierung von Prozessen durch Softwareroboter. Die Roboter können mithilfe der bestehenden IT-Infrastruktur arbeiten. RPA kann Mitarbeiter von Routineprozessen befreien und somit erheblich entlasten. Die Vorteile von RPA werden vor allem in einer Zeit- und Kostenersparnis sowie in einer Qualitätsverbesserung gesehen.

Warum eignet sich RPA für Verrentungsprozesse?

Die Verrentung von Hinterbliebenen fällt in dem für diese Analyse untersuchten Unternehmen häufig an, da es in der Pensionskasse pro Monat circa 20 Sterbefälle gibt. Der Verrentungsprozess besteht jedoch aktuell aus vielen manuellen Tätigkeiten. So müssen beispielsweise bei der SAP-Eingabe der Hinterbliebenen viele Angaben manuell gepflegt werden. Ein weiterer Aspekt sind die Systembrüche, beispielsweise bei der Kommunikation via E-Mail und der Erfassung dieser Informationen in den Systemen. Aufgrund der vielen manuellen Tätigkeiten und Systembrüche beansprucht dieser Prozess viel Zeit. Der Prozess ist jedoch zeitkritisch und muss bis zur nächsten Monatsabrechnung in den Systemen erfasst werden. Durch die vielen manuellen Eingaben ist zudem eine gewisse Fehleranfälligkeit gegeben.

Da die Verrentungen nach einem festgelegten Prozess ablaufen und die Regelungen für die Rentengewährung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festgeschrieben sind, folgt der Prozess genauen Regeln. Zudem kann der Prozess als strukturiert angesehen werden: Es gibt genaue Vorgaben, wann etwas auf welche Weise erledigt werden soll und die Daten liegen in strukturierter Form vor. Daraus wird ersichtlich, dass der Verrentungsprozess für Hinterbliebene die Kriterien für die Verwendung der Automatisierung durch RPA erfüllt und im Falle einer Umsetzung mit einem großen Effizienzgewinn gerechnet werden kann.

Wie läuft die Umsetzung des Verrentungsprozesses mit RPA?

Mit Hilfe einer RPA-Software wären beim Verrentungsprozess deutlich weniger manuelle Schritte nötig. Zunächst startet die Automatisierung, das Programm überwacht das freigegebene Postfach und wenn eine entsprechende E-Mail mit einer Sterbefallmeldung eintrifft, wird die E-Mail gelesen beziehungsweise der Anhang geöffnet. Die für die Maßnahme zur Einstellung der Rentenzahlung des Verstorbenen benötigten Informationen, wie zum Beispiel die Personalnummer oder den Todestag, kann das System aus der Sterbefallmeldung entnehmen.

Im Anschluss muss eine Anspruchsprüfung bezüglich der Hinterbliebenenrente vorgenommen werden. Auch dies kann größtenteils durch die Daten aus der Sterbefallmeldung beziehungsweise der Sterbeurkunde geschehen, da an dieser Stelle die Hinterbliebenen aufgeführt sein müssen. Unter Umständen können in etwas komplexeren Fällen Rückfragen an den Mitarbeiter gestellt werden. Zum einen kann es zu Fragen oder Unklarheiten bei der Anspruchsklärung kommen, und zum anderen bei der tatsächlichen Eingabe der Hinterbliebenen im System. Die meisten Infotypen, wie beispielsweise die organisatorische Zuordnung, Anschrift et cetera, können aber vom Systemeintrag zum Verstorbenen übernommen werden.

Nach der Eingabe der Hinterbliebenen im System wird automatisch ein Druckauftrag für die notwendigen Briefe erteilt. Damit endet dann die Automatisierung. Der Prozess des Prüfens durch einen zweiten Sachbearbeiter wird jedoch überflüssig, da durch Menschen verursachte Fehler wie beispielsweise das Vertippen durch RPA wegfallen.

Der Prozess der Unterschrift durch den Vorstand kann aktuell noch nicht automatisiert werden, da es eine Vorschrift der Pensionskasse ist, dass die Verrentungsbriefe persönlich vom Vorstand zu unterschreiben sind. Die meisten manuellen Tätigkeiten könnten durch RPA allerdings automatisiert werden.

Kosten-Nutzen-Analyse von RPA

Vergleicht man Kosten und Nutzen der Robotic Process Automation in diesem Fallbeispiel, so werden auf der Kostenseite vor allem die Kosten für die Implementierung sowie der Aufwand für die Konfiguration gesehen. Als Hauptnutzen wird die Qualitätsverbesserung, Zeitersparnis und Kostenersparnis genannt. In den meisten Veröffentlichungen geht die Tendenz dahin, dass der Nutzen durch RPA die Kosten überwiegt. Die Meinungen, wie hoch die Zeit- und Kostenersparnis durch RPA tatsächlich ist, hängt sehr stark von dem jeweiligen Prozess ab. Capgemini (2016) hält bei gewissen Prozessen eine Zeitersparnis von ungefähr 70 Prozent für realistisch und KPMG führt bei wieder anderen Prozessen eine mögliche Kostenersparnis von circa 75 Prozent auf.

Die konkreten Kosten für eine RPA-Software hängen unter anderem von Aspekten wie zum Beispiel dem Umfang der Implementierung, der Komplexität der Prozesse sowie dem Grad der Automatisierung ab. Teilweise wird von einer Amortisation der Implementierungskosten von weniger als zwölf Monaten ausgegangen.

In dem untersuchten Beispiel beansprucht der beschriebene Prozess pro Jahr circa 240 Arbeitsstunden. Dieser Wert setzt sich wie folgt zusammen: Pro Monat kommen ungefähr 20 Sterbefälle in der Pensionskasse vor, die Bearbeitung eines Falles dauert etwa eine Stunde. Daraus folgen also 20 Stunden pro Monat und somit 240 Stunden im Jahr. Bei einer angenommenen Zeitersparnis durch RPA von 75 Prozent könnten also pro Jahr 180 Stunden eingespart werden.

Fazit zu RPA beim Verrentungsprozess

Aus Sicht einer Pensionskasse ist RPA für den Verrentungsprozess von Hinterbliebenen ist besonders geeignet, da dieser Prozess zeitaufwändig, zeitkritisch sowie fehleranfällig ist und viele manuelle Tätigkeiten umfasst. Somit kann einerseits erheblich viel Zeit eingespart werden, andererseits wird die Fehleranfälligkeit auf ein Minimum reduziert.

Weitere Informationen zu Robotic Process Automation und entsprechenden Anwendungsgebieten finden Sie beispielsweise online beim Institut for Robotic Process Automation & Artificial Intelligence.

Dieser Beitrag wurde von Professor Dr. Peter Steinhoff in Zusammenarbeit mit Kathrin Schwarz verfasst. Frau Schwarz hat einen Bachelorabschluss in Betriebswirtschaft und arbeitet als Sachbearbeiterin bei einer Pensionskasse.

(Coverbild: © Andrey Popov | fotolia.com)

Über den Autor

Peter Steinhoff

Peter Steinhoff

Prof. Dr. Peter Steinhoff ist Managing Partner der TCI Transformation Consulting International GmbH und Experte für Business Transformation im CFO- und CIO-Bereich. Zudem ist er Professor für Betriebswirtschaftslehre und als Speaker und Autor aktiv.

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