Interkulturell lehrreich auch für die Dozierenden: Projektmanagement an der GUtech in Muscat, Oman

Nachdem der erste Teil des Interviews zu ihrer Gastprofessur mehr den Weg der beiden TCI Partner zur GUtech, the German University of Technology in Muscat, Oman, nachzeichnete, führen wir unser Gespräch mit Professor Dr. Peter Steinhoff (PST) und Uwe Fischer (UFI) fort: Im folgenden zweiten Teil liegt der Fokus auf dem Lehren und Leben vor Ort. Erfahren Sie in ihren Antworten, warum die universitäre Lehre so grundlegend anders ist als in Mitteleuropa – und inwiefern sich gerade hier enorme neue Horizonte eröffnen.

Aktiver Wissenstransfer zum Projektmanagement im Oman: Lehre einmal ganz anders – Interview mit Uwe Fischer und Professor Dr. Peter Steinhoff

Herr Fischer, Herr Professor Steinhoff, bald geht es los: Sie beginnen in wenigen Wochen Ihre Gastprofessur an der GUtech in Muscat, Oman. Wer kann an Ihren Lehrveranstaltungen zum Thema Projektmanagement teilnehmen?

PST: Unsere Studierenden studieren Betriebswirtschaftslehre im vorletzten Semester der Bachelor-Studiengänge „International Business and Service Management“ und „Logistics“.

UFI: Das Modul Projektmanagement ist dabei ein essenzieller Bestandteil des Studiums.

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Vereinte Projektmanagement-Expertise an der GUtech: Ein Gruppenbild von einigen Studierenden vor Ort. (Bild: © Uwe Fischer)

Würden Sie sagen, dass Sie den Wissenstransfer im Oman anders vorbereiten und gestalten als in Deutschland? Gibt es dabei etwas, das Sie vor besondere Herausforderungen gestellt hat?

UFI: Was ich bei meinen Seminaren immer wieder feststelle, ist, dass der Praxisbezug vor allem im Projektmanagement ein wesentlicher Erfolgsfaktor bei der Vermittlung von Wissen und Expertise ist.

PST: Ja, das kann ich nur unterstreichen. So verzichte ich fast vollständig zum Beispiel auf die Verwendung von PowerPoint-Folien in den Präsenzveranstaltungen. Ich ermutige vielmehr die Studierenden, dass sie sich – und das ist wichtig – im Vorfeld mit dem Thema in der Theorie auseinandersetzen. Wissen ist heute überall verfügbar und abrufbar. Für uns Pädagogen ist es wichtig, unseren Unterricht auf diese veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Wenn das funktioniert, dass sich die Studierenden im Vorfeld vorbereiten, kann ich die Präsenzveranstaltungen viel besser mit der Anwendung der Methoden und Tools auf das dann vorhandene Wissen ausrichten.

UFI: Und das ist, sind wir mal ehrlich, auch ein entscheidender Punkt bei der Vermittlung von Projektmanagement. Ein Frontalunterricht zum Projektmanagement ist ungefähr so erfolgreich, wie wenn ich Rhetorik unterrichten würde und die Teilnehmer würden nicht ihre rhetorischen Fähigkeiten durch Üben erweitern, sondern sich nur theoretisch über eine im rhetorischen Sinn perfekte Rede unterhalten.

PST: Umso wichtiger ist das im Oman, da hier die Aufmerksamkeitsschwelle der Studierenden um ein Vielfaches geringer ist als bei uns. Ferner versuchen wir das Projektmanagement in den Kontext der Studierenden zu transferieren, indem wir den Unterricht auf Basis von Projekten und konkreten Fallstudien aus dem Oman anpassen.

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Ein Gebäude der GUtech in Außenansicht: Hier kommt die TCI-Expertise zum Thema Projektmanagement zur Geltung. (Bild: © Prof. Dr. Peter Steinhoff)

UFI: Die Projekte werden von den Studierenden selbst entwickelt, in Kleingruppen mit unserem Input. Sie setzen ein Projektmanagement inklusive Terminplanung, Arbeitspakete, Kalkulation aber auch das Risikomanagement und Kommunikationsmanagement auf.

PST: Da waren einige spannende Projekte dabei. So zum Beispiel aus der Telekommunikation, der App-Entwicklung oder auch Infrastrukturprojekte, wie etwa ein hochinteressantes Projekt einer Seilbahn in die Berge, und neue Geschäftsmodelle wie die Eisbar: Dessen Einrichtung besteht aus Eisblöcken und wäre natürlich für den Oman sehr spektakulär. Denken Sie nur an die große Skihalle in Dubai, wo man bei 40 Grad Celsius Außentemperatur in der Emirates-Mall Ski fahren kann.

Sie sind auch im deutschsprachigen Raum im Kontext der Lehre aktiv. Sehen Sie hier große Unterschiede zwischen den Studierenden im Oman im Vergleich zu Deutschland?

UFI: Oh ja, da sind tatsächlich große Unterschiede feststellbar. Erstmal haben wir fast 80 Prozent weibliche Studierende, was für das Fach Projektmanagement ungewöhnlich ist. In Deutschland ist es eher umgekehrt.

PST: Und fast alle weiblichen Studierenden tragen eine Abaya. Da fällt es unglaublich schwer, die Studierenden auseinanderzuhalten. Ferner haben wir ja vorhin schon die mangelnde Konzentrationsfähigkeit der Studierenden angesprochen. Das ist die größte Herausforderung.

UFI: Zudem herrscht ein ständiges Kommen und Gehen während des Unterrichts. Diesmal wird es besonders anstrengend werden, da wir 100 Studierende haben. Vermutlich werden nie alle gleichzeitig anwesend sein (er lacht).

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Auch wenn das Fachwissen zum Projektmanagement überall auf der Welt Früchte tragen kann: Dieser schriftliche Hinweis deutet auf die etwas andere Mentalität der Studierenden hin. (Bild: © Uwe Fischer)

PST: Eine weitere Herausforderung sind die nicht enden wollenden Diskussionen über die Noten, Klausurtermine, Start- und Endzeiten von Kursen und so weiter. Da geht es oft wie am Basar zu. Hier ist es wichtig, dass Uwe und ich uns eng abstimmen, damit wir die gleichen Aussagen treffen.

Sie fliegen bereits Anfang November in den Oman. Wie sieht Ihre Vorbereitung dazu aus? Gibt es etwas, worauf Sie sich besonders freuen?

UFI: Es gibt schon ein paar Dinge, die ich speziell für ein Seminar an der GUtech vorbereiten werde. So habe ich zum Beispiel mein eigenes VGA- und HDMI-Kabel und Whiteboard Marker dabei. Ich will es nicht dem Zufall überlassen, dass ich vor 100 Studierenden stehe und nichts funktioniert.

PST: Das Schöne ist, dass Uwe mit dem Seminar beginnt und ich dann von seiner Vorbereitung profitieren kann. Das macht es für mich einfach (er lacht).  Da wir diesmal 100 Studierende im Kurs haben und wir ja praxisbezogen und interaktiv in Gruppen arbeiten wollen, ist die didaktische Vorbereitung eine große Herausforderung. Ansonsten freue ich mich besonders darauf, dass das Klima im November sehr angenehm warm ist. So können wir dem tristen November in Deutschland entkommen.

UFI: Und wir haben auch noch zwei freie Tage, die wir zusammen mit einem Kollegen von der GUtech für Ausflüge in die faszinierende Bergwelt des Omans nutzen werden.

Was würden Sie sagen, ist Ihr persönlicher Antrieb, in Muscat zu unterrichten? Gibt es etwas in der arabischen Welt, das Sie dort für sich mitgenommen und ganz bewusst nach Deutschland bringen?

UFI: Wie gesagt, besonders nachhaltig beeindrucken mich immer wieder die Offenheit und die Fröhlichkeit der Menschen. Wir haben sehr viel Spaß am Unterricht und der positive Umgang zwischen Dozierenden und Studierenden sind wertvolle Erfahrungen. Dazu zählt allerdings auch die Tatsache, dass nicht alles so ernst genommen wird.

PST: Die Fähigkeit zu improvisieren wird bei so einer Gastprofessur noch einmal ganz neu erlernt, was für Projektmanager essenziell ist. Und auch hier kann ich mich nur aus dem ersten Interviewteil wiederholen: Zu guter Letzt haben wir gelernt, dass am Ende alles gut wird, inshallah.

Zum Abschluss ein kleines Spiel. Ich nenne Ihnen vier Wörter beziehungsweise Phrasen und Sie antworten kurz und knackig!

  • Muscat, Oman
    • UFI: Muscat ist keine Stadt mit einem, sondern eine Region mit mehreren Zentren und erstreckt sich über dutzende Kilometer entlang der Küste.
    • PST: Ganz eigene Gerüche nach Wüste, Zimt, Weihrauch, et cetera.
  • Aktiver Wissenstransfer
    • PST: Herausfordernd.
    • UFI: Schwierig.
  • Leben und Lehren im Ausland
    • UFI: Selber etwas lernen.
    • PST: Abwechslung und neue Horizonte.
  • Interkulturalität im Unternehmenskontext
    • PST: Notwendig.
    • UFI: Erfolgsfaktor.

Vielen herzlichen Dank, Herr Professor Dr. Steinhoff und Herr Fischer, für die interessanten Ausführungen zum so ganz anderen Leben und Lehren an der Universität im Mittleren Osten. Wir von unserer Seite freuen uns schon sehr auf Ihre Rückkehr und eine weitere Gelegenheit zum Interview mit Ihnen, und wünschen Ihnen einen angenehmen und erfolgreichen Aufenthalt im Oman!

Das Interview mit Uwe Fischer und Professor Dr. Peter Steinhoff führte die TCI-Redaktion.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie gern auch den ersten Teil dieses Interviews: Projektmanagement im Oman: Die GUtech lädt erneut zwei TCI Partner zur Gastprofessur.

 

(Coverbild: © Uwe Fischer)

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Uwe Fischer

Uwe Fischer

Uwe Fischer begleitet Einzelpersonen und Unternehmen bei Transformationsprojekten als Moderator, Berater und Coach. Als Mitbegründer der TCI GmbH leitet er die Projektmanagement-Practice und hat den Enterprise Transformation Cycle auf den Einsatz im Mittelstand adaptiert.

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