Ist Führung überhaupt noch der richtige Begriff, wenn es um agiles Management geht? Ja – meint Werner Siedl. Denn Führung in einem lean-agilen Umfeld bedeutet in erster Linie Vorbild zu sein, für sein Team da zu sein und Veränderungen zu gestalten. In seinem Beitrag „Ohne Führungskräfte geht es nicht. Die Rolle von Führungskräften bei der erfolgreichen Einführung von SAFe®“, den er zusammen mit Ute Nitschke im 2021 erschienen Sammelband „Agilität in Unternehmen“ veröffentlicht hat, zeigt er, wie wichtig Führungskräfte bei der Einführung agiler Arbeitsweisen sind.
Fachkenntnis plus soziale Kompetenzen
Katja Heumader: Welche speziellen Kompetenzen brauchen Führungskräfte, die mit SAFe® arbeiten?
Werner Siedl: Nach dem SAFe®-Framework sind die folgenden drei Elemente zentral für gute Führung:
- Denkweise und Leitsätze (Mindset and Principles),
- Führung als Vorbild
- Gestalter der Veränderung
Die Details führen wir in unserem Buchartikel aus.
KH: Wie unterscheiden sich Führungsaufgaben im klassischen Projektmanagement von Führungsaufgaben im agilen Programm-Management?
WS: Im klassischen Projektmanagement wird oft davon ausgegangen, dass der Projektleiter eine hervorragende fachliche und soziale Kompetenz haben muss. In lean-agilen Programmen gibt es für die fachliche und die soziale Verantwortung jeweils eine eigene Rolle. Denn in der Praxis hat sich schon oft gezeigt, dass es nur wenige sehr gute Projektleiter und Manager gibt, die sowohl sehr gute fachliche als auch sehr gute soziale Kompetenzen mitbringen.
KH: Ist „Führung“ überhaupt noch der richtige Begriff, wenn wir über agiles Management sprechen?
WS: Ja, Führung ist richtig. Denn genau dies erwarten agile Teams von ihren Führungskräften. Führung muss Sicherheit vermitteln. Gerne verwende ich den englischen Begriff von „Leadership“, da hier schon der Begriff von Vorbild und Vorangehen inbegriffen ist, die ein wesentlicher Bestandteil von agilem Management sind.
Agile Führung: Vertrauen und Wertschätzung als Leitlinien
KH: Agile Führung basiert gerade nicht auf Command-and-Control. Dennoch können sich viele – sowohl Team-Mitglieder als auch Führungskräfte – nicht von diesem Führungsverständnis lösen. Wie kann ein Umdenken angestoßen werden?
WS: Ich war noch nie ein Freund von „Command-and-Control“, auch wenn mit diesem Führungsstil sehr viele erfolgreiche Firmen und Projekte umgesetzt wurden. Es gibt sicher auch heute noch viele Bereiche, in denen dieser Führungsstil sehr gut funktioniert. Ich bevorzuge aber schon immer einen vertrauensvollen und wertschätzenden Umgang, da ich der Überzeugung bin, dass ich nur so das Potenzial meiner Mitarbeiter nutzen kann. Ich bin der Meinung, dass Mitarbeiter in einer Atmosphäre, in der sie keine Angst vor Fehlern haben, kreativer und leistungsfähiger sind. Denn Fehler sind oft die besten Lehrer.
Ein Umdenken lässt sich nur anstoßen, wenn ich als Führungskraft selbst bereit bin, mich zu verändern, dazu zu lernen und auch mir selbst Fehler zugestehe. Idealerweise lässt man sich dabei von einem Coach unterstützen.
KH: Agiles Management erlaubt flexibles Reagieren auf sich ändernde Rahmenbedingungen – das ist der Grund, warum dieses Prinzip so gut in unsere Zeit passt. Aber wie ist unter diesen Umständen überhaupt Planung, zum Beispiel Budget-Planung, möglich?
WS: Die Modelling of Excellence Ansätze in SAFe® (Scaled Agile Framework®) geben hier konkrete Hilfestellung und erklären, wie das funktioniert. Eine in der Zwischenzeit erprobte Methode hierfür ist zum Beispiel das Participatory Budgeting im Portfolio Management. Da uns bei TCI das nicht gereicht hat, haben unsere Experten – auch auf Wunsch unserer Kunden – ein spezielles Training „Agiles Arbeiten für Kaufleute“ entwickelt, um agiles Arbeiten in den kaufmännischen Bereichen zu vermitteln.
KH: Lieber Herr Siedl, vielen Dank für das Gespräch.
„Agilität in Unternehmen“: theoretisch fundiert und praxisnah

Im Fokus von „Agilität in Unternehmen“ steht die praktische Anwendung der Konzepte. Die Beiträger:innen des Sammelbandes decken dabei – neben der Einführung in die theoretischen Grundlagen – verschiedene Bereiche ab: Unternehmens- und Personalführung, Organisationsmanagement, Evaluation und Controlling, Entscheidungsverhalten, Rollen in Projekten sowie das Management von Geschäftsprozessen.
„Agilität in Unternehmen“ richtet sich an unternehmensinterne und -externe Praktiker:innen, für die Transformationsmanagement im Zentrum ihrer Aufgaben steht. Coaches, Business-Verantwortliche, Geschäftsführer:innen und andere Entscheidungsträger profitieren von den umfassenden Perspektiven des Sammelbandes ebenso wie Wissenschaftler:innen und Dozent:innen mit den Schwerpunktfächern Organisation, Agiles Management, Projektmanagement, Business Management, Change Management, Produktmanagement, Entwicklung, Prozessmanagement und Strategisches Management.
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