Durch Personalstrategie Vorbereitungen für die Post-Corona-Zeit treffen

Beim 6. TCI-Online-Event, das am 9. Februar 2021 stattfand, drehte sich alles um das Thema Personalstrategie. Unter dem Titel Die zwei Seiten der Personalrestrukturierung: Das gilt es in Krisen zu beachten! befassten sich die Referenten mit der Neuausrichtung der Personalstrategie, um einerseits in der Krise Kosten zu sparen und andererseits auch für die Zeit danach personell gut aufgestellt zu sein. Rainer Wohlnhöfer hat die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.

Die Strategie als Richtungsweiser

Die Funktionen in Personalorganisationen beinhalten regelmäßig die Beraterrolle. Vor allem Führungskräfte profitieren vom Prozesswissen der Personalspezialisten. In dieser Beraterrolle finden auch strategische Aspekte für das Unternehmen und die jeweiligen Fachbereiche Berücksichtigung.

Personalabbau als Mittel zur Einsparung

Sobald die Auswirkungen von Krisen im Unternehmen spürbar werden, bildet sich in den Führungsetagen über kurz oder lang die Erkenntnis heraus, dass eine Reduzierung der Personalstärke unumgänglich ist. Eine betriebswirtschaftliche Rechnung wirft die erforderliche Summe der Einsparungen aus und liefert den Rückschluss auf die Anzahl der Personen, die das Unternehmen verlassen sollen.

Fehlende Strategie für Unternehmen und Personal

Ausgerechnet in dieser Situation ist häufig zu beobachten, dass strategische Überlegungen für die Zeit nach der Krise im Unternehmen der operativen Umsetzungen von Personalabbaumaßnahmen vollständig nachgeordnet werden. Und auch die Formulierung einer Personalstrategie – so sie denn überhaupt die Regel ist – wird in diesem Moment die Ausnahme sein.

Über den Ansatz der gängigen Fragestellungen hinaus, die bei Restrukturierungen ohnehin gestellt werden müssen, zeigte Dr. Tobias Adam in seinem Vortrag, wie leicht es passiert, dass man sich durch eine ungenügende Klärung der eigentlichen Probleme auf die falschen Inhalte konzentriert und damit Gefahr läuft, in Aktionismus zu verfallen.

Dabei ist das umfassende Verständnis der Krisensituation die Voraussetzung, um überhaupt in die Gestaltung der Zukunft des Unternehmens einzusteigen. Nur auf diese Weise ist eine strategische Ausrichtung gut vorzubereiten. Und das gilt für die Personalorganisation und ihre Leistungserfüllung im gleichen Maße.

Strategieentwicklung als komplexer Prozess

Die Entwicklung von Strategien ist immer ein komplexer Prozess. Doch die Planung von Personalmaßnahmen in Form einer Stufendarstellung erleichtert den erfolgreichen Einstieg. Unterstützt durch methodisches Vorgehen ist das erste Ergebnis eine Situationsanalyse.

Mit Hilfe des Canvas Business Model zeigte Dr. Tobias Adam die Verzahnung von Umsatz und Ertrag im Unternehmen. Damit wird offensichtlich, warum der schlichte Ansatz „Kosten runter“ zu kurz greift. Der Blick auf das große Ganze ist nötig, um eine robuste Strategie auch für die erforderlichen Leistungen der Personalorganisation zu erarbeiten.

Agile Anpassung von Strategien führt zum Erfolg

Aufwändige Analysen zeigen, dass erfolgreiche Unternehmen im Vergleich zu weniger erfolgreichen Unternehmen regelmäßig eine Anpassung ihrer in der Umsetzung befindlichen Strategien in Erwägung ziehen. Dies ist nichts anderes als eine planmäßige und methodische Reaktion auf die beständige Veränderung von Märkten und Rahmenbedingungen.

Doch für gerade noch ausreichend erfolgreiche Unternehmen ist es eine Hürde, die gegenwärtige Komfortzone zu verlassen. Dabei könnte der Enterprise Transformation Cycle unterstützen: Der Ansatz strukturiert die strategische Neuausrichtung und verschafft Unternehmen dadurch Wettbewerbsvorteile.

Der Enterprise Transformation Cycle. (Bild: © TCI GmbH, Abbildung entnommen aus: Mario A. Pfannstiel (Herausgeber), Peter F.-J. Steinhoff (Herausgeber): Der Enterprise Transformation Cycle: Theorie, Anwendung, Praxis, Springer-Verlag, 2019)

Signale aus dem Frühwarnsystem aufnehmen

Für das Ausarbeiten einer Strategie richtet sich der erste Blick auf die Signale, die von Frühwarnsystemen, insbesondere aus dem Rechnungswesen, gemeldet werden. In der Folge sind die nicht beeinflussbaren Faktoren in plausiblen Szenarien abzubilden. Aus den beeinflussbaren Faktoren sind die richtungsweisenden Optionen zu erarbeiten.

Dauer-Herausforderung für die Personalstrategie: Fachkräftemangel

Auch ein immer wiederkehrendes Thema im Umfeld der Personalstrategie zeigte Dr. Tobias Adam auf: Nämlich die Verfügbarkeit von fachlich versierten Talenten, meist verkürzt als Fachkräftemangel dargestellt.

Ausarbeitung einer Personalstrategie binnen 4 Wochen möglich

In methodisch aufgebauten Workshops erfolgte die Bewertung der Ergebnisse. Basierend auf einer Entscheidungsarchitektur zur Strategieentwicklung und unterstützt von einer ausgefeilten Software, ist eine umfassende, ausgewogenen Entwicklung einer Personalstrategie innerhalb von nicht dicht gepackten vier Wochen ohne weiteres möglich.

Das Ergebnis ist eine valide, robuste und abgesicherte Personalstrategie. Wechselwirkungen und sich gegenseitig beeinflussenden Maßnahmen erhalten besonderes Augenmerk.

Wissen und Leistungsgrad im Unternehmen erhalten

Den Erhalt von Kompetenzen im Unternehmen griff Prof. Dr. Stefan Vieweg in seinem Referat auf. Denn wer Personal abbaut, verliert Kompetenz und Expertise. Die entscheidende Frage lautet daher: Wie lässt sich dieser Effekt zum Nutzen der verbleibenden Belegschaft minimieren?

Die Krise als Beschleuniger für Umstrukturierungsmaßnahmen

Die aktuelle pandemische Krise ist nicht die Ursache für ein notwendiges Veränderungsmanagement in Unternehmen, aber sie ist sicherlich ein nicht zu unterschätzender Beschleuniger. Die erlebbare Automatisierung in Verbindung mit der immer weiter reichenden Digitalisierung von Arbeitsabläufen definiert in der Folge die Möglichkeiten von mobilen Arbeitswelten bis hin zu Lern- und Trainingsszenarien vollkommen neu. Dieser Änderungsdruck ist zweifellos allgemein eine Herausforderung, doch Führungskräfte und Mitarbeiter erleben weder die Auswirkungen noch die Veränderungen synchron.

Die erste Umfrage unter den Teilnehmern des 6. TCI-Online-Events zeigte, dass Personalreduzierungen alleine aus Digitalisierungseffekten durchaus erwartet werden. Die Größenordnung der Freistellungen wird jedoch sehr unterschiedlich gesehen. Das gezeigte Beispiel aus einem Organisationsbereich Finanzen und Controlling, wo eine Absenkung von 85 Prozent prognostiziert wird, erwarten jedoch die wenigsten.

Damit wird auch ein zentraler Hinweis umso wichtiger: Je länger die Begleiterscheinungen jedweder Krise oder Veränderung ohne Reaktion bleiben, umso mehr sinkt der Handlungsspielraum im Unternehmen.

Knowhow im Unternehmen halten

Ob eine personelle Reduzierung in dieser Größenordnung immer zu erwarten sein muss und in welchen Zeiträumen zu denken ist, tritt dabei in den Hintergrund. Denn es wird offensichtlich, dass umso mehr darauf zu achten sein wird, welche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter über unersetzliche Expertisen oder Wissen verfügen, die auch weiterhin dem Unternehmen zur Verfügung stehen müssen.

Auch der erfolgreiche Umsetzungsansatz wird gezeigt. Mit wenigen Befragungen in verhältnismäßig kurzer Zeit können Wissen und Wissensträger identifiziert werden. Das eröffnet die Möglichkeit, diese Leistungsträger konsequent und nachhaltig in das weitere Veränderungsmanagement einzubinden.

Damit wird das „HOT“ genannte schrittweise Vorgehen konsequent umgesetzt, das wie folgt aufgebaut ist:

  1. Zugehen auf die betroffenen Personen.
  2. Entwicklung der Organisationskultur.
  3. Erarbeitung der technischen Lösung.

Emotion erfordert Kommunikation

Viel Aufmerksamkeit richtete Prof. Dr. Stefan Vieweg auf die emotionalen Themen im Zusammenhang mit dem Veränderungsmanagement. Denn alle beteiligten Personen zeigen Blockaden in diesem Prozess. Die Lösung liegt in einer beständigen, offenen und transparenten Kommunikation.

Das Ergebnis seiner umfassenden Untersuchungen ist die Identifikation der wichtigen Leistungsträger im Wertschöpfungsprozess, einschließlich der Berührungspunkte, an denen es zu Interaktionen kommt.

Abschließend fasste Vieweg die wesentlichen Motivationen für alle Personen in den Arbeitsprozessen zusammen:

  • Die Erfüllung eines bestimmten Zwecks,
  • die eigene Autonomie in dieser Zweckerfüllung
  • persönliches Streben nach Meisterschaft darin.

Das Trennungsmanagement

Rechtswalt Frank Schrader griff in seinem Vortrag die andere Seite der Medaille auf: Wie lässt sich die Personalreduzierung umsetzen?

Den Zeichen der Zeit folgend, begann das mit dem Thema Kurzarbeit. Umfassend und leicht verständlich wurden die aktuellen Veränderungen infolge der Pandemie erläutert. Es ging um die Beantragung, die Laufzeit der Gewährung von Kurzarbeitergeld und in welcher Höhe dies bemessen wird.

Im Mittelpunkt stand dabei ein Dilemma: Kurzarbeit ist auf den Erhalt von Arbeitskräften im Unternehmen ausgerichtet und verträgt sich nicht mit einem geplanten Stellenabbau. Natürlich ist es aber möglich, im Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit eine Lösung herbei zu führen. Auch weniger bekannte Möglichkeiten wie die gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung wurden in diesem Zusammenhang vorgestellt.

Personalabbau verursacht hohe Kosten

Die Kosten eines Personalabbaus sind immer eine große Belastung für ein Unternehmen. Ein wesentliches Ziel liegt daher darin, Verzögerungen in der Umsetzung zu vermeiden. Auch in diesem Fall sind Reaktionen der handelnden und betroffenen Personen, nicht zuletzt auch der Arbeitnehmervertretung, ein wesentlicher Zeitfaktor. Umso wichtiger ist es, diese Menschen frühzeitig einzubeziehen und mögliche Emotionen vorwegzunehmen.

Mit einem geordneten Outplacement gelingt eine einvernehmliche Trennung in Verbindung mit einer hohen Vermittlungsquote, auf die es für die Kandidaten ankommt.

Transfergesellschaften als Ausweg

Die geförderte Transfergesellschaft greift diese Mechanismen auf und ergänzt sie um eine Veränderung im Faktor Zeit. Denn über den dreiseitigen Vertrag entfällt die Einhaltung erforderlicher Kündigungsfristen. Damit verkürzt sich die Verweilzeit der Betroffenen im Unternehmen.

In der Transfergesellschaft geht es dann für die Personen ausschließlich um die Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz. Dies wird durch Coaching und Bildungsbudgets sinnvoll und zielführend unterstützt. Rechtsanwalt Frank Schrader erläutert die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen ausführlich und stellt den Regelungsbedarf für Transfergesellschaften vor.

Griffige Beispielrechnungen zeigen, dass bei gleichem Aufwand in Geld für das ausstellende Unternehmen in die Transfergesellschaft die doppelte Zeit für die Vermittlung der betroffenen Person in eine neue Tätigkeit zur Verfügung steht im Vergleich zu Auflösungen unter Beachtung der Kündigungsfrist. In diesem Zusammenhang wird ergänzend die erforderliche Kostenplanung für die Transfergesellschaft erläutert.

Individuelle Unterstützung für jeden Einzelnen

Auch für die Erläuterung des Ablaufs der Transfermaßnahmen mit den Modulen für die persönlichen Neuorientierung ist genügend Zeit eingeplant. Alles zielt darauf ab, jeder Person auf dem Weg in eine neue Tätigkeit alle erdenkliche Unterstützung zur Seite zu stellen.

Doch auch für das Unternehmen ist dieser Ablauf von Vorteil. Es wird deutlich, dass nicht nur die Liquidität geschont wird, sondern auch der personelle Aufwand diesbezüglich deutlich geringer ist und letztlich auch Risiken im Trennungsgeschäft minimiert werden. Kurz gesagt bringt eine Transfergesellschaft für das Unternehmen einen klar kalkulierbaren Trennungsprozess und für die betroffenen Personen eine hohe Vermittlungsrate.

Fazit

Natürlich ist die gegenwärtige Pandemie eine im 21. Jahrhundert bisher unbekannte Situation. Die wahrgenommenen Auswirkungen in den Unternehmen sind hingegen durchaus bekannte Größen – die Finanzkrise und ihre Folgen sind gerade mal zehn Jahre her.

Eine Sanierungspolitik, die sich auf Kostenreduzierung beschränkt, kann eine umfassende Strategieanpassung nicht ersetzen. Und dies gilt in ihren Wirkungszusammenhängen auch für die Personalstrategie. Der Blick muss unbedingt auf die Szenarien nach dem Neubeginn gerichtet werden. Denn auf diesen Zeitraum gilt es sich vorzubereiten. Die Restrukturierung selbst stellt lediglich einen Schritt in diese Richtung dar.

Coverbild: © bnenin | Adobe Stock

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Rainer Wohlhöfner

Rainer Wohlhöfner

Rainer Wohlhöfner ist TCI Partner und unterstützt Organisationen in der Gestaltung und Modellierung von Personalprozessen. Dafür kombiniert er Employee Experience (EX)-Ansätze mit den agilen Methoden und Möglichkeiten des Scrum – unter konsequenter Einbindung aller Hierarchie-Ebenen.

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