Der Proxy Product Owner: Wann ist die Rolle sinnvoll?

Der Proxy Product Owner ist Stellvertreter, Unterstützer und Sparringspartner für den Product Owner. Auch wenn seine Rolle im klassischen Scrum Framework nicht definiert ist, wird er in der Praxis doch immer wieder eingesetzt. Oliver Foitzik, selbst Proxy Product Owner in seinem aktuellen Beratungsprojekt, zeigt auf, wann die Rolle des Proxy Product Owners sinnvoll ist und welche Grenzen sie hat.

Hinweis der TCI-Redaktion: Lesen Sie auch, wie sich die Rollen von Product Owner und Proxy Product Owner unterscheiden.

Proxy Product Owner: Aufgaben und Herausforderungen

Der Proxy Product Owner (PO-Proxy) hat eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Projektbeteiligten inne: Er muss sowohl vor dem Entwicklungsteam als auch vor dem Kunden auftreten und arbeitet zudem eng mit dem Product Owner zusammen. Dazu braucht er sowohl soziale als auch fachliche Kompetenzen. Er muss die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden und der Team-Mitglieder erkennen und sich themenspezifisches Wissen aneignen.

Wann wird ein Proxy Product Owner gebraucht?

Klassischerweise ist der PO-Proxy keine Rolle, die im Scrum Framework vorkommt. Entsprechend wird über seinen Einsatz von Projekt zu Projekt entschieden. Ein PO-Proxy wird dann gebraucht, wenn

  • bei den Kunden die personellen Kapazitäten für die enge Zusammenarbeit mit dem Product Owner fehlen.
  • die Kunden Unterstützung wünschen.
  • der Product Owner aufgrund weiterer Aufgaben im Unternehmen Unterstützung bei der Erfüllung seiner Rolle braucht.
  • der Product Owner fachliche und methodische Unterstützung braucht, da er zwar eine klare Produktvision mitbringt, aber keine Erfahrung mit der Tätigkeit des Product Owners hat.

Die Aufgaben des Proxy Product Owners

Die Stichpunkte zeigen bereits, welche Aufgaben ein PO-Proxy ausfüllt: Einerseits ist er Coach und Sparringspartner für den Product Owner, andererseits sein Stellvertreter.

Coach und Sparringspartner

Ist der Product Owner zwar fachlich kompetent in einem Entwicklungsprojekt, aber unerfahren, so kann der PO-Proxy ihn in methodischen Fragen beraten und unterstützen. Idealerweise coacht er den Product Owner so, dass dieser nach einiger Zeit alle Aufgaben eigenständig übernehmen kann, so dass die Rolle des PO-Proxy wegfällt.

In seiner Funktion als Sparringspartner steht er für den Austausch mit dem Product Owner bezüglich der Produktvision zur Verfügung. Gemeinschaftlich entwickeln die beiden Rollen die Zielsetzungen und Vorgaben im Team.

Vertretung

Product Owner bringen zwar meist Business-Erfahrung und eine Produktvision mit; mit der Produktentwicklung sind sie aber häufig nicht eng vertraut. Hinzu kommen viele zusätzliche Aufgaben und Termine. Diese Kombination kann den Projekterfolg in Gefahr bringen: Scrum Regeln werden nicht eingehalten, der zeitliche Rahmen wird gesprengt und das Budget ebenso.

Die Unterstützung durch einen PO-Proxy in der täglichen Arbeit schützt daher einerseits vor Überlastung, andererseits wird die fachliche Kompetenz ergänzt. Sind die beiden ein eingespieltes Team, kann der PO-Proxy auch Entscheidungen in Stellvertretung treffen.

Die Grenzen der Rolle des Proxy Product Owners

Der PO-Proxy ist nicht der Product Owner und so bringt die Rolle klare Grenzen mit sich und erntet auch Kritik.

Kein Mikro-Mangement in eigenständigen Teams

Ein wesentlicher Kritikpunkt an der Rolle des PO-Proxys besteht darin, dass das Entwicklungsteam im Grunde genommen keinen ständigen Ansprechpartner braucht. Stattdessen arbeiten sie selbstständig und eigenverantwortlich. Daher sollten sie einen Großteil der organisatorischen Aufgaben, wie zum Beispiel die Definition des Backlogs, selbst übernehmen können – ohne dafür den Product Owner zu brauchen. Basiert das Verhältnis zwischen Team und Product Owner auf Vertrauen und Transparenz, bedarf es keiner ständigen Kontrolle beziehungsweise Rückversicherung zwischen den Rollen.

Unvollständiger Product Owner

Hinzu kommt, dass der PO-Proxy lediglich eine unvollständige Version des Product Owners ist, die letztlich die Arbeit des Product Owners unterminiert: Für den Product Owner werde es schwieriger, das Ziel des maximalen Business Value zu erreichen und die Effektivität sinke. Denn die Rolle hat klare Grenzen:

  • Der PO-Proxy hat keine Entscheidungsbefugnis
  • Trifft er doch Entscheidungen, trägt er keine Verantwortung – weder für Erfolg, noch für Misserfolg
  • Er hat keine Budgethoheit
  • Er definiert weder die Produktvision noch die Strategie

Fazit aus der Praxis

Die obigen Ausführungen zeigen jedoch, dass die Rolle eines Proxy Product Managers in bestimmten Fällen durchaus sinnvoll ist. Auch wenn nicht ständig detaillierte Vorgaben an das Team kommuniziert werden müssen, so ist es doch wichtig, dass Produktvision, Kundenbedürfnisse und Entwicklungsprozess stets in Übereinstimmung sind.

Auch wenn der PO-Proxy keine Entscheidungskompetenz hat und Budget-Hoheit sowie Produktvision in der Verantwortung des Product Owners liegen: De facto trifft der PO-Proxy durchaus Entscheidungen, wenn er mit dem Product Owner im Team zusammenarbeitet. In seiner Funktion als Sparringspartner ist er ein wichtiges Korrektiv und ein Ideengeber für die Produktvision und die zugrundeliegende Strategie.

Fazit: Die Teilung der anspruchsvollen und herausfordernden Rolle des Product Owners ist ein guter Schutz vor Überlastung bei gleichzeitiger Sicherstellung von Erreichbarkeit, Zeitplanung und Budget, die in vielen Fällen sinnvoll ist.

Quelle Coverbild: © contrastwerkstatt | Adobe Stock

Sharing is caring

Oliver Foitzik

Oliver Foitzik

Oliver Foitzik ist seit 2009 TCI Partner und zuständig für Business Development. Als Senior Berater liegt sein Fokus auf Fragestellungen rund um Strategie, Organisation, Prozesse und IT. Zudem ist er Experte für Kommunikation und Neue Medien.

Ähnliche Beiträge