Agile Führungskräfte sollten ihre Teams unterstützen und ihnen Eigenverantwortung zugestehen. Wie diese Übergabe auf der einen und Übernahme von Verantwortung auf der anderen Seite funktionieren, weiß Werner Siedl. Er ist gemeinsam mit Ute Nitschke Autor des Beitrags „Ohne Führungskräfte geht es nicht. Die Rolle von Führungskräften bei der erfolgreichen Einführung von SAFe®“ im 2021 erschienen Sammelband „Agilität in Unternehmen“.
Anmerkung der TCI-Redaktion: Hier geht’s direkt zu Teil 1 dieses Interviews Führung bedeutet Vorbild-Sein – Werner Siedl im Interview
Führungskräfte müssen Verantwortung ans Team geben
KH: Inwieweit ist erfolgreiche agile Führung eine Frage der Persönlichkeit, des Charakters der Führungskraft?
WS: Der Charakter von Menschen ist immer wichtig. Von einer agilen Führungskraft erwartet man sich eine Vorbildfunktion in Bezug auf das agile Mindset und agile Prinzipien. Aber auch die Offenheit, Fehler einzugestehen und zu zeigen, dass man nicht alles weiß und daher auf das agile Team und Menschen angewiesen ist, sind wichtige Fähigkeiten, die agile Führungskräfte mitbringen sollten.
KH: Agile Führung bedeutet, den Teams Eigenverantwortung zuzugestehen. Aus Ihrer Erfahrung: Gelingt das von Seiten der Führungskräfte auf Anhieb und was sind Erfolgsfaktoren für die „Verantwortungsübergabe“?
WS: Für die Eigenverantwortung des Teams ist nach meiner Erfahrung die Bewältigung von zwei Herausforderungen notwendig: Erstens das Abgeben von Verantwortung durch die Führungskraft und zweitens der Wille des Teams, Verantwortung zu übernehmen. Und beides sollte zum gleichen Zeitpunkt stattfinden.
KH: Eigenverantwortung muss nicht nur von den Führungskräften zugestanden werden, die Team-Mitglieder müssen sie auch annehmen und ausfüllen. Wie können Führungskräfte diesen Prozess unterstützen?
WS: Mit den Rollen des Scrum Masters oder agilen Coaches haben Führungskräfte und das agile Team die notwendige Unterstützung, um sich konkret bei diesem Lern- und Veränderungsprozess begleiten zu lassen. Die Führungskräfte haben hier die Möglichkeit, sich in ihrer Vorbildfunktion zuerst auf diesen Lern- und Veränderungsprozess einzulassen und diesen auch in der Praxis zu leben. Wenn Führungskräfte es vorleben, tun sich die Mitarbeiter viel einfacher. Das klingt zunächst einfach, ist in der Praxis aber für viele Führungskräfte schwer, da sie am Anfang auch Fehler machen werden.
Ein lean-agiles Mindset entwickeln
KH: Worauf kommt es bei der Zusammenstellung agiler Teams an? Was sollten Führungskräfte hier beachten?
WS: Die Führungskraft sollte das lean-agile Mindset und seine Prinzipien verstehen und leben. Dazu ist es notwendig, sich über einen längeren Zeitraum damit auseinanderzusetzen. Das ist nicht mit einem Training getan, sondern funktioniert nur, indem man nachhaltig dranbleibt und wirklich den Willen hat, diese Prinzipien auch konkret zu verstehen.
KH: Finden in agilen Organisationen überhaupt noch zentrale Entscheidungen statt?
WS: Ja. Unternehmensrelevante wirtschaftliche wichtige Entscheidungen, Entscheidungen die eine langfristige Auswirkungen haben und einmalige Entscheidungen werden in der Regel zentral getroffen. Regelmäßige Entscheidungen über Geld, Technik, Menschen können agile Teams mit den notwendigen Informationen und Wissen selbst besser entscheiden. Das Team als Kollektiv beachtet mehr Erfahrungen und Sichtweisen als der Einzelne. Leider werden auch heute immer noch zu oft die falschen Entscheidungen getroffen – allein aus Ego-Gründen.
KH: Lieber Herr Siedl, ich danke Ihnen herzlich für das interessante Gespräch.
Das Interview mit Werner Siedl führte Dr. Katja Heumader für die TCI-Redaktion.
„Agilität in Unternehmen“: theoretisch fundiert und praxisnah

Im Fokus von „Agilität in Unternehmen“ steht die praktische Anwendung der Konzepte. Die Beiträger:innen des Sammelbandes decken dabei – neben der Einführung in die theoretischen Grundlagen – verschiedene Bereiche ab: Unternehmens- und Personalführung, Organisationsmanagement, Evaluation und Controlling, Entscheidungsverhalten, Rollen in Projekten sowie das Management von Geschäftsprozessen.
„Agilität in Unternehmen“ richtet sich an unternehmensinterne und -externe Praktiker:innen, für die Transformationsmanagement im Zentrum ihrer Aufgaben steht. Coaches, Business-Verantwortliche, Geschäftsführer:innen und andere Entscheidungsträger profitieren von den umfassenden Perspektiven des Sammelbandes ebenso wie Wissenschaftler:innen und Dozent:innen mit den Schwerpunktfächern Organisation, Agiles Management, Projektmanagement, Business Management, Change Management, Produktmanagement, Entwicklung, Prozessmanagement und Strategisches Management.
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